Viele Unternehmen nutzen Praktikanten als unbezahlte Arbeitskräfte aus. Das EU-Parlament will das verbieten. Doch die Wirtschaft sträubt sich gegen strengere Regeln.

Angesichts der wachsenden Zahl von Praktikanten will das Europaparlament der Ausbeutung junger Menschen durch kostenlose Praktika einen Riegel vorschieben.

In einer Resolution forderten die Parlamentarier die EU-Kommission und den Ministerrat dazu auf, eine Europäische Qualitätscharta mit Mindestanforderungen für Praktika zu schaffen – darunter ein Grundgehalt zur Abdeckung der Lebenshaltungskosten des Praktikanten und eine zeitliche Begrenzung.

Die Kommission prüft derzeit das Ansinnen. Die Gestaltung der Arbeits- und Sozialpolitik behalten sich die EU-Mitgliedsstaaten weitgehend vor. Die EU hat somit in der Regel keine direkte Kompetenz, sondern kann nur Anstöße geben. Der Antrag des Parlaments verpflichtet die Kommission nicht zum Handeln.

"Ziel ist es, Bildungswert zu sichern und Ausbeutung zu vermeiden", heißt es in der Resolution des Europaparlaments. In der Krise würden viele Arbeitgeber reale Arbeitsplätze durch Praktika ersetzen. Nach einer Studie des Bundesarbeitsministeriums arbeitet rund die Hälfte aller Praktikanten in Deutschland unentgeltlich.

Die deutsche Wirtschaft lehnt neue Regeln ab. "Ein zwingendes Salär zu fordern, würde die Kosten unangemessen erhöhen und das Angebot an Praktikumsstellen reduzieren", teilte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände mit.

Einzelfälle, in denen Praktikanten nicht fair behandelt würden, dürften kein Anlass sein, Praktika so überzuregulieren, dass die Unternehmen keine Praktika mehr anbieten. Zudem schreibe das Berufsbildungsgesetz eine Vergütung für bestimmte Personen vor, die eingestellt würden, um berufliche Fertigkeiten zu erwerben.

Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag ist skeptisch. "Praktika sind in erster Linie Lernverhältnisse. Eine generelle Vergütungspflicht würde dazu führen, dass Unternehmen viele sinnvolle Praktika nicht mehr anbieten würden", sagte der Bildungsexperte des Verbands, Kevin Heidenreich. Richtig sei es, den Missbrauch von Praktika zu unterbinden.

Auch innerhalb des Europaparlaments ist der Vorstoß umstritten. Die Resolution geht auf einen Entwurf der dänischen Abgeordneten Emilie Turunen (Grüne) zurück – mit 26 Jahren die jüngste EU-Parlamentarierin.

Die FDP reagierte bereits ablehnend. "Unbezahlte Praktika ganz zu verbieten, ist eine völlig überzogene Schlussfolgerung", schreibt Nadja Hirsch, sozialpolitische Sprecherin der FDP im Europaparlament, auf ihrer Internet-Seite. dpa