Arzthelferin war gestern. Erstens heißen diese Leute inzwischen “medizinische Fachangestellte“. Und zweitens ist das kein reiner Frauenberuf mehr.

Oft werden die Dinge neu etikettiert in der Berufswelt: Aus Lehrlingen werden Auszubildende, der Mechaniker wird zum Mechatroniker. Und manche Berufe werden gleich mehrmals neu erfunden: Die Sprechstundenhilfe aus Opas Zeiten hieß irgendwann Arzthelferin, doch auch das ist inzwischen passé: Nun sind es "medizinische Fachangestellte" (MFA), die einem die Überweisung zum nächsten Arzt fertig machen.

Klingt ungelenk, trifft es aber besser als die alten Bezeichnungen. Das jedenfalls versichert Renate Maria Koppe, seit kurzem ehrenamtliche Ausbildungsberaterin bei der Ärztekammer in Braunschweig. "Die Tätigkeit hat sich enorm ausgeweitet. Es geht eben nicht mehr nur darum, dem Arzt zu helfen."

Heutzutage müssen die Fachangestellten Aufgaben bewältigen, an die zu Zeiten der Sprechstundenhilfe noch kein Mensch gedacht hat. Sie arbeiten mit beim "Qualitätsmanagement", das Arztpraxen inzwischen entwickeln müssen. Dazu gehören Patientenbefragungen, Teamsitzungen und vor allem eine umfassende Dokumentation der eigenen Arbeit.

"Medizinische Fachangestellte handeln zunehmend eigenverantwortlich", sagt Hubert Binkhoff, Vorsitzender des Ärztekammer-Bezirks Braunschweig. "Heute schließt das sogar Hausbesuche ein."

Zudem gebe es mehr übergreifende Aufgaben als früher. "Durch die Gesundheitsreform nimmt die Zahl der Gemeinschaftspraxen zu – es kommt also mehr auf Teamarbeit an", sagt Binkhoff.

Iris Otto von der Ärztekammer in Braunschweig betont: "Mehr Aufgaben bedeutet auch: Die Chancen zur beruflichen Weiterentwicklung erhöhen sich. Früher war Arzthelferin das Ende der Karriere." Heute gibt es zahlreiche Angebote, sich weiter zu qualifizieren. "Zum Beispiel kann man eine Schulung machen und eigenständig Kurse für Diabetiker anbieten. Oder man lässt sich auf dem Gebiet des Praxis-Managements fortbilden", sagt Iris Otto.

Wenn Renate Maria Koppe sich als Ausbildungsberaterin in Berufsschulen vorstellt, steht sie meist junge Frauen gegenüber. "Langsam ändert sich das aber: Der Beruf ist auch für Männer interessant." Voriges Jahr seien unter 200 neuen Auszubildenden 3 junge Männer gewesen. Im Jahr zuvor war es nur einer, es geht also aufwärts.

Der 18-jährige Domenic Glett gehört dazu. Er lernt in der Praxis des Braunschweiger Lungenarztes Christoph Gronau. "Viele wundern sich, dass hier ein Mann hinter dem Empfangstresen steht. Das ist eben ungewohnt, aber die meisten finden es gut." Was ist noch schön an der Ausbildung, außer dass er in der Berufsschulklasse der Hahn im Korb voller Hennen ist? "Viele, die auf diesem Posten eher eine Frau erwarten, denken, ich sei der Arzt!"