Der Beruf der Woche: Schlechte Noten fürs Kaffeekochen: Studenten aus Witten gründen erstes Internetportal zur Bewertung von Praktika.

Es ist nur ein kurzer Satz, den Stefan Peukert gerne wiederholt und der alles sagt: "Nie mehr Kaffee kochen." Zu häufig hat der Wittener Wirtschaftsstudent in seinen Praktika tagtäglich die Kaffeemaschine bedient, Akten kopiert und Zeitung gelesen.

So häufig, dass er im März 2010 mit seinem Kommilitonen Daniel Pütz beschloss, sinnlosen Praktikantenjobs in deutschen Unternehmen den Kampf anzusagen – mit einem Internetportal, in dem Studenten ihre Erfahrungen nicht nur schildern, sondern auch benoten können.

15Monate später schmückte Peukerts Kaffee-Satz den ersten Werbespot des neuen Internetportals "meinpraktikum.de". Seit Januar 2011 sind die beiden Studenten online. Aus dem Zwei-Mann-Projekt ist schnell eine kleine Firma entstanden – mit eigenen Büroräumen, fünf Mitarbeitern und 23 Partnerunternehmen.

Diese Firmen, die mit Anzeigen und einem eigenen Profil auf "meinpraktikum.de" für sich werben, finanzieren das Internetportal. "Im Bereich der Hochschulpraktika bewerben sich immer mehr Unternehmen bei den Studenten", beobachtet Daniel Pütz. "Viele Firmen suchen mittlerweile gute Nachwuchskräfte und bieten deshalb Praktika an."

Den meisten sei es keineswegs egal, wie sie von den Studenten bewertet würden. Sie wollten ein ehrliches Feedback, um ihre Angebote verbessern zu können. Beschwerden von Unternehmen habe es an dem Internetportal daher kaum gegeben.

Auch die Zahl der Studenten, die "meinpraktikum.de" nutzen, ist seit Gründung der Seite kontinuierlich gestiegen. Bereits zwei Wochen nach dem Start im Januar 2011 seien knapp 1000 Bewertungen online gewesen, berichtet Stefan Peukert stolz. Mittlerweile zählen die Wirtschaftsstudenten fast 3000 Bewertungen für 2400 Firmen in Deutschland, aber auch China, Brasilien oder den USA. Rund 100000 Studierende nutzen die Seite, um sich über gute Praktikantenjobs zu informieren.

Eigentlich wollten Pütz und Peukert ihr Examen längst in der Tasche haben. Doch dazu sind sie bisher noch nicht gekommen. "Wir arbeiten täglich mindestens zehn Stunden für unser Portal", sagt Daniel Pütz. Hinzu kommen die Werbetouren an deutschen Hochschulen.

Zweimal war er mit seinem Team jeweils vier Wochen an 16Universitäten unterwegs, um Praktikumsbewertungen zu sammeln und auf das Portal aufmerksam zu machen. "Das Interesse an unserer Seite ist sehr groß", meint der 27-jährige Student. "Denn heute können es sich die meisten Studenten nicht mehr leisten, ihre Zeit mit sinnlosen Praktika zu vergeuden."

Mitarbeiter und Kommilitone Joschka Felten kann das bestätigen. Anders als seine beiden Chefs studiert er Wirtschaftswissenschaften nicht mehr auf Diplom, sondern bereits auf Bachelor. "Das Studium ist so stark durchstrukturiert, dass ich mir keine Fehlversuche erlauben will." Deshalb hat der 25-jährige Student für seine Praktika bewusst kleinere Unternehmen ausgewählt, in denen er direkt mehr Verantwortung übernehmen durfte. "Es hört sich zwar toll an, wenn man in den großen Konzernen arbeitet, doch oft kann man dort nicht viel lernen."

Daniel Pütz hat andere Erfahrungen gemacht. Entscheidend ist für ihn nicht die Größe der Firma, sondern die Betreuungssituation. "Es sollte einen Mitarbeiter geben, der sich täglich um den Praktikanten kümmert", betont er. "Wer als Teammitglied akzeptiert wird, bei Meetings dabei sein darf und auch schon kleine Projekte übertragen bekommt, kann mit seinem Praktikum zufrieden sein."

Entsprechend sind auch die Bewertungskategorien auf dem Internetportal gestaltet. Insgesamt gibt es 31 Unter- und sechs Oberkategorien. Sie reichen von "Lernerfolge", "Aufgaben" und "Wertschätzung" bis hin zu "Karrierechancen". In einem freien Textfeld können die Studenten dann noch einmal ihre persönlichen Eindrücke über das Unternehmen schildern – allerdings dürfen sie dabei keine Namen nennen, Mitarbeiter nicht diffamieren oder Betriebsgeheimnisse verraten.

Vom sinnlosen Praktikum, bei dem "man sein Gehirn an der Garderobe abgeben muss" bis zum "absolut coolen Job" reichten die Bewertungen, sagt Joschka Felten. "Der Großteil aber ist positiv." Der langweilige oder ausbeuterische Praktikantenjob scheint also, meint Pütz, zumindest für Studenten auf dem Rückmarsch zu sein.

Zu dieser positiven Entwicklung möchte der Wirtschaftsstudent nun auch als Unternehmer beitragen. "meinpraktikum.de" bietet selbst einen Praktikantenjob an. "Aber natürlich zu fairen Bedingungen und mit coolen Aufgaben", beteuert Daniel Pütz.epd