Kopfnoten sagen nichts über die Leistung eines Schülers, sondern über sein Verhalten – Gerade deshalb schauen viele Firmen ganz genau hin

Schüler unterschätzen oft, wie stark die Unternehmen bei der Auswahl ihrer künftigen Azubis auf die Kopfnoten und Fehltage achten. Deshalb erleben sie zuweilen beim Bewerben eine böse Überraschung.

Maik Hagen war sehr zuversichtlich, schnell eine Lehrstelle als Bürokaufmann zu finden. Denn 2,4 betrug der Notendurchschnitt in dem Zeugnis, das der Realschüler nach der 9. Klasse erhielt. Und in keinem Hauptfach war die Note schlechter als "befriedigend". Doch dann kam die erste Absage, die zweite, die dritte.

Und Hagen wurde immer unsicherer. Zumal der Zeitpunkt näher rückte, dass er nach der 10. Klasse die Schule verlassen würde. Also rief er nach der nächsten Absage bei dem Unternehmen an und fragte: Warum? Und erhielt die Antwort: "Sie haben im Arbeits- und Sozialverhalten nur eine Drei. Und außerdem stehen in Ihrem Zeugnis sechs unentschuldigte Fehltage."

Viele Schüler unterschätzen die Bedeutung der Kopfnoten. Sie wissen nicht, dass sie eine schlechte Note im Arbeits- oder Sozialverhalten bei vielen Betrieben automatisch aus dem Auswahlverfahren katapultiert. Zum Beispiel beim Frankfurter Bildungsdienstleister Provadis. Das Unternehmen sucht für mehrere Großunternehmen Jahr für Jahr geeignete Kandidaten für 500 Ausbildungsstellen.

Kopfnoten sind das Ausschlusskriterium Nummer 1 bei der Vorauswahl der Bewerber. "Wer sich mit einer Note schlechter als Drei bewirbt, erhält sofort eine Absage", betont Markus Vogel, der mit seinem Team für die Auswahl zuständig ist. "Und bei einer Drei schauen wir genau hin. Denn dann zeigte die Person in der Regel bereits Verhaltensauffälligkeiten."

Warum viele Unternehmen bei den Kopfnoten so streng sind, erläutert Elisabeth Heinemann, Professorin für Schlüsselqualifikationen an der FH Worms: "Die Mathe- und Rechtschreibkenntnisse können die Betriebe relativ einfach mit Eignungstests überprüfen. Wie motiviert und teamfähig ein Bewerber ist, lässt sich aber selbst mit ausgeklügelten Tests nur schwer erkennen."

Hinzu kommt: Wenn ein Azubi im Prozentrechnen Defizite hat, lässt sich dieses Manko in der Regel beheben – sofern er motiviert und lernwillig ist.

Anders ist es, wenn er unzuverlässig und wenig verantwortungsbewusst ist. Hiergegen können die Betriebe meist wenig tun.

Ab welcher Note Bewerber aussortiert werden, ist von Unternehmen zu Unternehmen verschieden – auch weil die Bundesländer bei den Kopfnoten unterschiedliche Notenskalen haben. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gibt es nur die Noten 1 bis 4. In Niedersachsen hingegen gibt es fünf Noten und in Hessen sogar sechs.

Folgenschwer sind auch unentschuldigte Fehlzeiten. Manch Unternehmen sortiert schon Bewerber mit einem unentschuldigten Fehltag aus. Aber auch auf die Zahl der entschuldigten Fehltage schauen die meisten Betriebe genau. Denn viele Eltern schreiben ihrem Nachwuchs, wenn er mal wieder schwänzte, zähneknirschend eine Entschuldigung – weil sie wissen: Unentschuldigte Fehltage im Zeugnis sind ganz schlecht.