Trotz aller Kampagnen sind Frauen in Ingenieur-Studiengängen noch eine kleine Minderheit. Dabei hat der Ingenieur-Beruf auch Frauen viel zu bieten.

Die Vorurteile prägen noch immer das Bild. Der Ingenieur-Beruf – das ist etwas für harte Jungs. Da werkelt man an Platinen und Maschinen und macht sich die Hände schmutzig. Nicht alle Frauen lassen sich von solch falschen Vorstellungen leiten.

Lena Thiele kennt die Schubladen und Vorurteile. Die 24-Jährige hat Wirtschaftsingenieurwesen-Elektrotechnik an der Technischen Universität Braunschweig studiert. Wenn sie anderen erzählte, was sie macht, kamen ungläubige Fragen: "Was? So siehst du gar nicht aus!" Vor Mathe-Klausuren frotzelten Kommilitonen: "Na, für dich als Frau wird das wohl schwer!"

War es aber nicht. Denn mittlerweile ist Lena Thiele sogar Doktorandin und beschäftigt sich täglich mit elektromagnetischer Verträglichkeit. Was beweist: Weder Geschlecht noch schulische Vorqualifikationen brachten sie davon ab, ihren Weg zügig zu gehen. Thieles Leistungskurse in der Oberstufe des Gymnasiums waren Deutsch und Englisch. "Aber Physik hat mir auch immer Spaß gemacht. Und mein Vater ist Elektrotechniker", erklärt sie ihre letztliche Wahl.

An der TU Braunschweig liegt die Frauenquote in den meisten Ingenieursstudiengängen bei rund zehn Prozent. "Wir arbeiten daran, das zu verbessern", sagt Holger Stegert, Geschäftsführer der Fakultät für Elektrotechnik, Informationstechnik und Physik. "Sowohl für Männer als auch für Frauen gibt es hier genügend Möglichkeiten, ihren speziellen Interessen nachzugehen."

Stegert hat mehrere Faktoren ausgemacht, warum sich Frauen für ein Ingenieur-Studium entscheiden. Da sei die familiäre Vorprägung wie bei Lena Thiele. "In so einem Fall ist der Mut zu einer solchen Entscheidung natürlich größer", sagt er. Zum anderen brächten manche Studentinnen bereits Erfahrungen aus Ausbildungen mit. Der Umgang mit der Materie ist vertraut.

Aber auch der in die Zukunft gerichtete Blick lässt sie manchmal eine ganz rationale Entscheidung treffen: Die Job-Aussichten sind generell gut.

Sich aufgrund überkommener Klischees von der Entscheidung für "Männer-Studiengänge" abhalten zu lassen, hält Stegert für falsch. "Als Gesellschaft wären wir gut beraten, solche Vorurteile endlich zu überwinden. Auch als Volkswirtschaft können wir uns das nicht leisten."

Angela Schmitt befindet sich zurzeit im dritten Semester ihres Masterstudiengangs Informations-System-Technik. Auch sie ist vorgeprägt: Vater und Mutter sind Diplom-Ingenieure.

Sie schätzt die Freiheiten an ihrem Studiengang. "Nichts ist verschult. Man bringt sich die Sachen letztlich selbst bei." Große Vorkenntnisse habe sie nicht gebraucht. "Wenn’s mal an etwas fehlt, kann man sich immer mit Kommilitonen zusammensetzen", meint die 25-jährige Fach-Abiturientin.

Und das freut dann meistens auch diese. "Wenn man in einer reinen Männergruppe lernt, sind die Ideen eingeschränkter", hat Elektrotechnik-Student Jan Janßen festgestellt. "Wenn Frauen dabei sind, ist die Atmosphäre eine andere. Sie bringen auch Struktur in die Gespräche."

Die Frauen werden es gerne hören. Und was schmutzige Hände und Maschinen angeht: Die mit Abstand meiste Zeit verbringen die Studenten am Computer.

Die Bewerbungsfrist für die zulassungsfreien Ingenieurstudiengänge und Physik läuft bis 30. September.

Infos: www.tu-braunschweig.de/studieninteressierte/bewerben