Der Beruf der Woche: Beim Speed-Dating testen die Teilnehmer in wenigen Minuten, ob die Chemie zwischen ihnen stimmt. Nicht immer geht es dabei um die Suche nach einem Partner fürs Leben – auch bei der Jobsuche kann Speed-Dating helfen.

Und warum haben Sie noch keinen Job?" Die Einstiegsfrage könnte so manchen Bewerber ins Strudeln bringen. Doch beim Speed-Dating an der Universität Hannover muss es schnell gehen: Fünf Minuten haben die Doktoranden Zeit, Unternehmensvertreter von sich zu überzeugen.

Festkörperphysiker und Landschaftsarchitekten treffen auf Filmproduktionsfirmen und Automobilzulieferer. Dann läutet Projektkoordinatorin Sabine Burkhardt mit einer roten Kuhglocke – und jeder Bewerber rutscht einen Platz weiter.

"Wir wollen elf Bewerbern und elf Unternehmen die Chance geben, sich schnell und unkonventionell kennenzulernen", sagt Burkhardt. Es ist der Abschluss eines Promotionsprogramms der Universität, das ausgewählte Doktoranden zwei Semester lang auf ihre Karriere vorbereiten soll.

"Das Speed-Dating ist eine klassische Win-Win-Situation", meint Burkhardt. "Die zukünftigen Absolventen können sich Netzwerke aufbauen und bisher unbekannte Jobs für sich finden." Für die Unternehmen sei es eine Chance, ihren Blick zu erweitern und sich auf ungewöhnliche Bewerber einzulassen.

An den Tischen sitzen Personaler von großen Unternehmen wie Continental, Robert Bosch oder der Deutschen Bahn, aber auch Klein- und Mittelständler wie das Materialprüfunternehmen Vogt Ultrasonics, oder Windwärts, eine Firma für erneuerbare Energien.

Auf der anderen Seite nehmen Promovierende im Wirtschaftsingenieurwesen, in der Informatik und in der Politikwissenschaft Platz. "Für uns ist das ein Experiment, geeigneten Nachwuchs zu finden", sagt Nicole Schwerin, Personalreferentin bei Bosch, die zum ersten Mal bei einem Speed-Dating dabei ist. "Uns ist der persönliche Eindruck wichtig – denn Papier ist geduldig."

Kurz vor den Gesprächen sind Neele Hinrichs und Shida Kiani nervös. "Ich bin gespannt, bei wem die Chemie stimmt", sagt Hinrichs. Die Doktorandin ist Spezialistin für Mikroelektronik und will am liebsten in der technischen Prozessoptimierung arbeiten.

Politikwissenschaftlerin Kianis Ziel: "Ich will in die Unternehmenskommunikation und suche ab Herbst einen Job." Sie hat Bewerbungsmappen dabei, die sie nach den Gesprächen verteilen will.

"Die Idee für unser Unternehmens-Speed-Dating haben wir uns bei der Partnersuche abgeschaut", sagt Burkhardt. In einem informellen Rahmen und mit Spaß lerne man schließlich die interessantesten Menschen kennen. "Das Projekt ist vor allem als Türöffner für die weitere Kontaktaufnahme zu verstehen", sagt der Vizepräsident für Forschung der Universität Hannover, Klaus Hulek. Natürlich seien nicht alle Promovierenden für alle Personaler interessant – und umgekehrt. "Aber wenn sich jeder vier bis fünf Teilnehmer für sein Netzwerk rauszieht, ist das doch ein großer Erfolg", meint Burkhardt.

Auch die Bundesagentur für Arbeit hat die wirtschaftlichen Speed-Datings für sich entdeckt. "Speed-Datings bieten wir quer durch die Republik an – zum Beispiel in Dortmund, Stuttgart und Ludwigsburg", sagt Sprecherin Manuela Semmler. Zielgruppe seien mal Langzeitarbeitslose, mal Schulabgänger, mal Akademiker. "Beide Seiten können so schnell und effektiv eine Bandbreite von interessanten Menschen und Unternehmen kennenlernen", sagt Semmler.

Ein weiterer Vorteil sei, dass auch Bewerber eine Chance bekämen, die sonst eher nicht zum Zuge kämen. "Zum Beispiel, weil ihre Zeugnisse sehr schlecht sind – stattdessen können sie dann mit ihrer Persönlichkeit punkten." Das erste Speed-Dating in einer Arbeitsagentur habe es vor zwei Jahren in Potsdam gegeben. Zwölf Akademiker seien damals durch die Kurz-Kennenlern-Runde eingestellt worden.

Nach 55 Minuten sind Kiani und Hinrichs um elf Visitenkarten und viele Eindrücke reicher: "Ich fand es erstaunlich erfrischend", meint Hinrichs. "In fünf Minuten persönlichem Gespräch kriegt man viel mehr Infos, als bei einer zeitaufwändigen Recherche auf der Unternehmenswebseite." Auch Kiani ist positiv überrascht: "Ich hätte nie gedacht, dass fünf Minuten so schnell vorbeigehen können." dpa