Alte Berufe, neu entdeckt: Christian Paulus ist Schäfer – Mit eigenem Hofladen

PLATENDORF. "Mein Beruf ist längst nicht so romantisch wie die Leute immer denken." Das antwortet Christian Paulus (38), Schäfer aus Neudorf-Platendorf im Nordkreis Gifhorn, gern, wenn Spaziergänger mit Blick auf seine weidende Schafherde ins Schwärmen kommen. Die Idylle, die Ruhe, die Gelassenheit. Weit gefehlt.

Der Beruf Schäfer, korrekt: Tierwirt mit Fachrichtung Schäferei, ist "ganz schön hart". Er fordert viel körperliche Kraft, ungewöhnliche Arbeitszeiten, zunehmend Bürokratie und einen harten Kampf ums Überleben.

Die Schäfereien in Deutschland mussten sich in den vergangenen Jahrzehnten einem Strukturwandel unterziehen. "Die traditionellen Wanderschafherden werden immer weniger. Immer mehr leben von der Landschaftspflege", sagt der Schäfer. So ist es auch bei ihm, der seine Schafherde im Sommer hauptsächlich im Großen Moor bei Neudorf-Platendorf, im Winter im Nordkreis Gifhorn bis nach Bokel hütet.

Und Paulus vermarktet zusammen mit seiner Frau Elke, die auch den Hofladen der Schäferei führt, Lammfleisch, Schnuckensalami und Schnuckenkrakauer sowie Wolle, Felle und Schafmilchseife. 900 Mutterschafe und ihre Nachzucht sowie vier Hütehunde gehören zur Schäferei Paulus.

Im Sommer ist der Schäfer mit seinen Moorschnucken standortgebunden, im Winter wandert er. 150 bis 200 Kilometer kommen je Winterhalbjahr, bis zu 15 Kilometer je Tag zusammen.

Und dazu, das ist oberste Voraussetzung: "für diesen Beruf muss man viel Idealismus und richtig Lust haben". Was ein angehender Schäfer noch mitbringen sollte, ist Wetterfestigkeit und körperliche Kraft, die trotz der technischen Hilfsmittel immer benötigt wird. Er sollte auch etwas von Betriebswirtschaft verstehen, wissen, wie man einen großen Betrieb führt. Und er sollte bereit sein, von März bis Anfang April auf eine große Portion Schlaf zu verzichten, denn dann ist Lämmerzeit. Da geht es im Stall hoch her, und im Einzelfall muss der Schäfer zurück gestoßene Lämmer mit der Flasche großziehen. Bei Paulus sind es derzeit 23 "Einzelfälle". Tag und Nacht. Trotz der harten Arbeitsbedingungen eines Schäfers besteht dennoch bei Schulabgängern ein gewisses Interesse an einer Ausbildung in diesem Beruf. Paulus, der neben seiner Frau einen weiteren Schäfer und zeitweise zwei Helfer beschäftigt, hat jedenfalls "zahlreiche Bewerbungen", bisher aber noch nie ausgebildet.

Er weiß aber auch, dass die Zahl derjenigen, die ihre Ausbildung machen und danach dabei bleiben, weniger wird. Und gar eine eigene Schäferei aufzubauen, sei heutzutage fast unmöglich. Paulus wagte diesen Schritt vor zehn Jahren. Er macht interessierten Auszubildenden Mut: "Gute Schäfer finden immer eine Stelle."