Keine Arbeitsform wurde in den vergangenen Jahren so stark propagiert wie die Teamarbeit. Doch inzwischen ist in vielen Unternehmen Ernüchterung eingekehrt.

In kaum einer Stellenanzeige fehlt heute der Hinweis, man erwarte vom Kandidaten unbedingt Teamfähigkeit. Doch inzwischen hat die betriebliche Praxis gezeigt: Teamarbeit ist kein Allheilmittel. Und: Bis ein Team funktioniert, vergeht Zeit.

Warum wird der Begriff Team so inflationär gebraucht? Elisabeth Heinemann, Professorin für Schlüsselqualifikationen an der FH Worms: "Heute wird in den meisten Betrieben bereichs- und funktionsübergreifender gearbeitet als vor zehn Jahren." Aufgaben würden seltener in Teilaufgaben zerlegt, die Einzelnen zugewiesen werden. "Vielmehr sollen mehrere Mitarbeiter diese gemeinsam lösen."

In vielen Unternehmen ist das Ja zur Teamarbeit jedoch nur ein Lippenbekenntnis, glaubt Stefan Bald, Geschäftsführer der Bruchsaler Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. "Zwar besteht oft ein objektiver Zwang zu mehr Gruppen- und Teamarbeit. Trotzdem wird in den meisten Organisationen Verantwortung immer noch fast ausschließlich Individuen übertragen."

Und doch verkünden ihre Personalverantwortlichen stolz: Wir praktizieren Teamarbeit. Fragt man dann aber nach, was Teamarbeit bedeutet, hört man oft nur Worthülsen.

"Der Begriff Teamarbeit hat sich zu einer Leerformel entwickelt", kritisiert Rainer Flake, Geschäftsführer der WSFB-Beratergruppe Wiesbaden. "In manchen Unternehmen wird jede Form der Kooperation als Teamarbeit bezeichnet; andere verstehen darunter eine hochspezialisierte Form der Zusammenarbeit bei der mehrere Experten gemeinsam komplexe Aufgaben lösen."

Flakes Definition: "Eine Gruppe ist eine Ansammlung von Individuen. Ein Team hingegen zeichnet sich durch eine gemeinsame Kultur aus." Ähnlich sieht es Stefan Bald: "In einem Team ist das Gerangel um Kompetenzen und Positionen abgeschlossen." Eher pragmatisch äußert sich Werner Ollechowitz, Personalleiter bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall: "Die Diskussion, ob man eine Arbeitsform nun Gruppen- oder Teamarbeit nennt, ist eine akademische. Für den betrieblichen Alltag ist wichtig, dass die Personalverantwortlichen die gewünschte Form der Zusammenarbeit genau definieren und hierfür die Rahmenbedingungen schaffen."

Was macht ein Team aus? Einig sind sich die Experten: Ein Team braucht ein Ziel. Sonst ist es nicht arbeitsfähig. Für Führungskräftetrainer Hubert Hölzl, Lindau, sind weitere Faktoren wichtig. Die Rollen und Aufgaben der Teammitglieder sollten genau definiert sein. Außerdem sollte ein Zeitrahmen für das Erfüllen der Aufgabe vorgegeben sein. Zudem braucht ein Team Regeln für die Zusammenarbeit.

Einig sind sich die Befragten auch: Ein Team braucht einen Anführer. Er muss die Arbeit steuern und koordinieren und die Mitglieder integrieren. "Der Teamleiter muss aber nicht das hierarchiehöchste Teammitglied sein", betont Bald. Im Idealfall schält er sich erst im Laufe des Teamfindungsprozesses heraus. Er wird also nicht von außen ernannt.

Hier liegt für Hölzl denn auch ein entscheidender Unterschied zwischen einer Gruppe und einem Team. "Ein Team bestimmt die Rollen und Aufgaben seiner Mitglieder selbst; außerdem definiert es selbst die Regeln der Zusammenarbeit." In jedem Team entwickele sich auch eine Hierarchie – zumindest eine informelle.

Damit aus Einzelkämpfern Teams werden, ist vor allem Zeit nötig. Denn jedes Team durchläuft bei seiner "Selbstfindung" mehrere Phasen. In den ersten drei Phasen – Orientierung, Konflikt, Organisation – ist das Team noch weitgehend mit sich selbst beschäftigt – entsprechend schlecht sind meist die Arbeitsergebnisse. Erst in der vierten Phase entwickelt es die Kreativität und Produktivität, die erfolgreiche Teams auszeichnen.

Speziell bei komplexen Aufgaben mit ungewissem Ausgang setzen Unternehmen auf Teams. Teams für Routinearbeiten einzusetzen, erscheint den meisten Experten absurd. "Teamarbeit bewährt sich vor allem, wenn harte Nüsse zu knacken sind", betont Stefan Bald, "für die das Expertenwissen vieler Spezialisten nötig ist. Dieses soll sozusagen zusammenfließen". Denn nur dann arbeitet ein Team effektiv.