Ein Ingenieur-Studium ist eine der besten Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit. Die deutsche Wirtschaft könnte mehr Ingenieure einstellen, als der Arbeitsmarkt überhaupt hergibt.

Trotz globaler Krise konnten im vergangenen Jahr immer noch 34000 Ingenieurstellen nicht besetzt werden. Die Folgen sind dramatisch, warnt Willi Fuchs, Direktor des Verbands Deutscher Ingenieure (VDI): "Wir haben nicht damit gerechnet, dass wir im Krisenjahr 2009 einen solch deutlichen Fachkräftemangel zu spüren bekommen. Tatsächlich sprechen wir von über drei Milliarden Euro entgangener Wertschöpfung für die Bundesrepublik". Auch liege die Arbeitslosenquote von 2,4 Prozent immer noch auf Vollbeschäftigungsniveau, so Fuchs weiter.

Eine Studie von VDI und dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln zeigt darüber hinaus, dass in Deutschland rund 1,5 Millionen ausgebildete Ingenieure arbeiten. "Jeder vierte Akademiker in Deutschland ist Ingenieur. Aber nur die Hälfte aller Ingenieure arbeitet in diesem Beruf", sagt Fuchs. Der Ober-Ingenieur betont: "Das belegt, wie gut die Ingenieurausbildung und wie flexibel jeder Ingenieur in der Berufswahl ist."

Laut der Studie sind zum Beispiel knapp zehn Prozent aller Ingenieure in wirtschaftswissenschaftlichen Berufen tätig. "Es gibt einen Wettbewerb um die Kreativität der Ingenieure", sagt Fuchs. "Der gesamte Arbeitsmarkt fragt das Know-how ab, denn viele Berufszweige verlangen innovative Konzepte, die Ingenieure ihnen bieten."

"In Folge alternder Belegschaften werden ab 2018 rund 44 000 Ingenieure jährlich in den Ruhestand gehen", sagt Hans-Peter Klös, Geschäftsführer des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft. "Die Entwicklung zu einer forschungs- und wissensintensiven Gesellschaft erzeugt darüber hinaus einen zusätzlichen Bedarf an Ingenieuren, der schon heute nicht mehr gedeckt werden kann."

Berechnungen des Wirtschaftsinstituts zufolge reicht die Zahl junger Ingenieure in Zukunft nicht mehr aus, um allein die altersbedingt aus dem Erwerbsleben Ausscheidenden zu ersetzen.

Auf 347 000 Ingenieure im Alter von 56 bis 65 Jahren kommen in Deutschland demnach 343 000 Ingenieure im Alter bis zu 35 Jahren. Angesichts der künftig sinkenden Studentenzahlen seien beträchtliche Anstrengungen notwendig, um der weiteren Verschärfung des Ingenieur-Engpasses entgegenzuwirken, betont Klös. Mit einem Anteil von 16 Prozent sind Frauen bei den Ingenieuren noch immer stark unterrepräsentiert. Hier sieht Fuchs die Chance, die Ingenieurlücke zu verkleinern. Man dürfe nicht nachlassen, den Nachwuchs für technische Berufe zu begeistern und schon früh die Angst vor technischen Themen abzubauen.

Der deutsche Industriesektor beschäftigt mehr als 700 000 Ingenieure, hingegen nur knapp 530 000 sonstige Akademiker. Folglich sind 57 Prozent aller in der Industrie erwerbstätigen Akademiker Ingenieure, in den innovationsstarken Branchen wie der Elektroindustrie, dem Maschinen- oder dem Fahrzeugbau sind es sogar bis zu 75 Prozent.

Es zeigt sich darüber hinaus, dass die Forschungs- und Innovationsleistung einer Branche umso höher liegt, je mehr Ingenieure diese beschäftigt. Hans-Peter Klös vom Institut der deutschen Wirtschaft lobt: "In der hochqualifizierten Beschäftigung sind Ingenieure das Rückgrat des forschungs- und industrieorientierten Geschäftsmodells Deutschland."