Bereits heute gibt es in Deutschland mehr über 50-jährige als 30-jährige Erwerbspersonen.

Die Belegschaften in den Betrieben werden deutlich älter. Dieser Trend wird sich verstärken, denn die Regelung der Altersteilzeit läuft im Jahr 2009 aus, und das Renteneintrittsalter wird auf 67 Jahre erhöht. Wie sind die Unternehmen unserer Region auf den demographischen Wandel vorbereitet? Mit Cordula Miosga, Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Region Braunschweig (AGV), und Cornelia Rohse-Paul, Personalentwicklerin und Supervisorin sprach Constanze Link.

Frau Miosga, sind die Unternehmen unserer Region gut auf den demographischen Wandel vorbereitet?

Miosga: Der Arbeitgeberverband Region Braunschweig setzt erhebliche Energien ein, um den Unternehmen zu helfen, den demographischen Wandel zu bestehen. Wir informieren, beraten und helfen, Instrumente und Vorgehensweisen zu nutzen, um das Leistungsniveau der älter werdenden Belegschaft zu erhalten.

Das Problem ist von den Unternehmen erkannt, die Nachfrage nach Unterstützung und passgenauen Lösungen steigt.

Frau Rohse-Paul, weshalb sollte in das Wissen der Mitarbeiter investiert werden?

Rohse-Paul: Die Zahl 50 gilt noch immer als magische Grenze des Dazugehörens oder Überflüssigseins. Es galt die Ansage, dass der Arbeitsplatz für die Jüngeren und günstigeren Arbeitnehmer freigemacht werden sollte. Heute müssen wir uns damit auseinander setzen, dass das Wissen der Menschen gebraucht wird, denn der qualifizierte Nachwuchs fehlt. Ich stelle immer wieder fest, dass in meinen Fortbildungen kaum ältere Mitarbeiter sitzen. Hält man sich vor Augen, dass aber gerade die über 50-Jährigen die Wissensträger der nächsten Jahre sein werden, dann ist das unverständlich.

Frau Miosga, warum sollte aus Perspektive des AGV in die Mitarbeiter investiert werden?

Miosga: Die Unternehmen benötigen die Leistungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft eines jeden Einzelnen. Nur so können die Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten und mit den vorhandenen älteren Mitarbeitern die Aufgaben lösen.

Aus Sicht des AGV brauchen wir wettbewerbsfähige Unternehmen zur Sicherung und Stärkung unserer Region.

Frau Miosga, wie kann die bestehende Altersstruktur genutzt werden, um daraus Wettbewerbs- und Produktivitätsvorteile zu nutzen?

Miosga: Erstens: Wir benötigen einen Musterwechsel in der Beschäftigungspolitik und bei den Erwerbsbiographien.

Zweitens: Wir benötigen innovative, flexible Lösungen auch hinsichtlich des starren Arbeits- und Tarifrechts und der ausgeprägten Schutzrechte gerade für ältere Mitarbeiter.

Drittens: Wir benötigen die richtigen Arbeitszeitmodelle, zielgerichtete Gesundheitsvorsorge und eine auch auf ältere Mitarbeiter ausgerichtete Personalentwicklung.

Viertens: Untersuchungen zeigen, dass gerade generationsübergreifende Teams ausgesprochen effektiv arbeiten, da sich die Leistungspotentiale ergänzen.

Frau Miosga und Frau Rohse-Paul, was sollten die Firmen Ihrer Meinung nach konkret machen, um fit für den demographischen Wandel zu werden?

Rohse-Paul: Nehmen wir zum Beispiel einen 55-jährigen hoch qualifizierten Mitarbeiter. Was für die jüngeren selbstverständlich ist, sollte auch für ihn gelten, regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen, Jahresgespräche zur Rückkopplung und Ermittlung seines Bedarfs, um seine Ressourcen zu fördern und auszubauen. Wissensmanagement als zentrale Kommunikationsaufgabe sollte auf der Agenda der Firmen mit an erster Stelle stehen.

Selbstverständlich bedarf es spezieller gesundheitlicher Prävention, um den Mitarbeiter gesund zu erhalten. Die Beeinträchtigungen in der Leistung sind in der Regel weniger eine Frage des biologischen Alterns als die Folge langjähriger belastender Arbeitsbedingungen. Aus der Perspektive der Salutogenese wird Gesundheit und Leistungsfähigkeit durch eine Wechselwirkung von körperlichen, sozialen und psychischen Komponenten gesehen.

Miosga: Mit geeigneten Instrumenten wie ergonomische Optimierung von Arbeitsplätzen, gesundheitsfördernden Maßnahmen, altersgerechter Personalführung und Personalentwicklung können wir die wertvollen Fähigkeiten und Erfahrungen älteren Mitarbeiter weiter einsetzen und fördern.

Die Weichen für die Zukunft müssen jetzt gestellt werden. Die Personalpolitik der Unternehmen ist gefordert von der Unternehmenskultur bis zum Managementkonzept.