Der Beruf der Woche: Veränderte Arbeitsstrukturen in den Firmen, ändern auch die Anforderungen an die Beschäftigten. Daher haben gute Mitarbeiter heute teils andere Fähigkeiten als früher.

Was unterscheidet einen sehr guten Mitarbeiter von einem durchschnittlichen? Klar ist: Wer in seinem Job Spitze sein möchte, braucht das nötige fachliche Wissen und Können. Doch dieses allein genügt in der Regel nicht, um beruflich sehr erfolgreich zu sein.

"Denn Berufstätige agieren nicht im luftleeren Raum", betont die Beraterin Sabine Prohaska. Sie sind vielmehr Teil einer Organisation. Also müssen sie mit anderen Menschen kooperieren und harmonieren. Und dies setzt ebenfalls gewisse Fähigkeiten voraus. Doch welche?

Das hängt auch von der Struktur der Betriebe, erklärt Stefan Bald, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner in Bruchsal. So waren zum Beispiel in den sehr hierarchisch strukturierten Betrieben, die bis vor 20 Jahren die Unternehmenslandschaft prägten, vor allem die klassischen Sekundärtugenden gefragt. Die Mitarbeiter sollten pünktlich und fleißig sein, gewissenhaft und zuverlässig. "Und ansonsten den Mund halten."

Über viele, viele Jahre funktionierte dieses System und wurde immer weiter optimiert. Doch irgendwann kamen die Unternehmen zu der Erkenntnis: "Wenn wir uns weiter verbessern wollen, müssen wir die Arbeit neu strukturieren." So formuliert es Johann Scholten, Geschäftsführer der Wiesbadener Beratergruppe WSFB. Als Folge davon begann vor circa 20 Jahren der Siegeszug der Team- und Projektarbeit.

Dies wirkte sich auch auf die Anforderungen an die Mitarbeiter aus. "Teamfähig soll unser Mitarbeiter sein" lautete fortan eine Standardanforderung. Zudem sollten die Neuen "kommunikativ" und "konfliktfähig" sein. "Denn wenn mehrere Mitarbeiter gemeinsam eine Aufgabe erfüllen, gibt es auch mehr Reibungspunkte", erklärt Sabine Prohaska.

Entsprechend boomten neben Trainings für Team- und Projektmanagement auch Kommunikations- und Konfliktmanagementtrainings. Und heute? Heute sei die Team- und Projektarbeit in den meisten Unternehmen gängige Praxis, betont Scholten. Und die Mitarbeiter sind nicht nur daran gewöhnt. "Sie sind auch besser auf diese Arbeitsform vorbereitet" – unter anderem, weil sie heute vielfach bereits in den (Hoch-)Schulen eingeübt wird.

Die Mitarbeiter müssen immer häufiger ihre Denk- und Verhaltensmuster den veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Hieraus resultiert ein so großer Lernbedarf, dass dieser Qualifizierungsprogrammen von der Stange allein nicht mehr gedeckt werden kann.

Davon ist Joachim Simon, Führungskräftetrainer aus Braunschweig, überzeugt. Das heißt, das Lernen muss Teil des Arbeitsalltags werden und die Mitarbeiter müssen ihre Entwicklung selbst in die Hand nehmen. Sie müssen laut Simon "Selbstentwickler werden" – um begehrte Arbeitskräfte zu bleiben.

Die Fähigkeit zur Selbstmotivation wird in der modernen Arbeitswelt zur Schlüsselkompetenz, glaubt Sabine Prohaska. Denn je eigenständiger die Mitarbeiter arbeiten, umso häufiger müssen sie zu sich sagen: "Ich mache das jetzt, obwohl ich keine Lust habe."

Und je häufiger sie vor neuen Herausforderungen stehen, umso öfter geraten sie an Punkte, bei denen sie zunächst das Gefühl haben: Ich kann das nicht. Dann wird von Arbeitnehmern, so Bald, heute erwartet, dass sie nicht sofort die Flinte ins Korn werfen, sondern sich fragen: "Unter welchen Voraussetzungen könnte ich die Aufgabe vielleicht doch lösen?"

Das setzt laut Simon zweierlei voraus. Zum einen müssen die Mitarbeiter eine Grundzuversicht entwickeln: "Irgendwie schaffe ich das schon. Schließlich habe ich schon viele, zunächst scheinbar unlösbare Aufgaben gelöst."

Zum anderen müssen sie lernen, ihren Gedanken und somit ihre Gefühle und ihr Verhalten zu steuern. Das heißt, sie können bei neuen Herausforderungen zwar durchaus zunächst innerlich fluchen. Doch nach einiger Zeit sollten sie zum Beispiel denken: "Na ja, das gehört halt zu meinem Job. Und so schlimm, wie es auf den ersten Blick scheint, wird es schon nicht werden."