Kann Stress nicht bewältigt werden, droht Arbeitnehmern das Burnout-Syndrom. Der Braunschweiger Führungskräfte-Trainer Joachim Simon erklärt, wie man vorbeugen kann.

Wie sollten sich Führungskräfte verhalten, wenn Mitarbeiter Burnout-Symptome zeigen? Darüber sprach Andreas Lutz mit Joachim Simon.

Warum scheint Burnout heute verbreiteter als früher zu sein?

Die Ursachen, warum mehr Menschen in einen Zustand emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit geraten, sind vielfältig. Eine Ursache ist die veränderte Arbeitswelt. So dominiert heute in vielen Bereichen eine komplexe Projektarbeit mit vielen, häufig unvorhersehbaren Risiken. Diese Unvorhersehbarkeit kann ein Gefühl von Ohnmacht auslösen. Daneben gibt es gesellschaftliche Gründe.

Welche sind das?

Zum Beispiel die steigende Zahl der Kleinstfamilien und Single-Haushalte. Vielen Menschen fehlen heute private Unterstützer, die sie in Stress-Situationen entlasten.

Sind Führungskräfte stärker als "normale" Mitarbeiter von einem Burnout bedroht?

Ja und nein. Die meisten Führungskräfte befinden sich in einer Sandwichposition, in der sie von vielen Seiten mit Erwartungen konfrontiert werden. Das erhöht ihren Arbeitsdruck. Zudem haben sie in der Regel mehr und komplexere Aufgaben als Fachkräfte. Zugleich haben aber gerade Männer und Frauen in gehobenen Führungspositionen im Laufe ihrer beruflichen Biografie meist Strategien entwickelt, um mit Stress konstruktiv umzugehen. Sie sagen bei Misserfolgen zum Beispiel: "Okay, es hat zwar nicht geklappt, aber ich habe mein Bestes gegeben." Der Misserfolg nagt also nicht an ihrem Selbstwertgefühl. Sie behalten eine positive innere Einstellung. Das beugt dem Burnout vor.

Wie können Berufstätige sonst noch einem Burnout vorbeugen?

Wichtig ist es, darauf zu achten, dass man sich nicht wie ein Hamster im Laufrad dreht und sich das Gefühl verdichtet: Egal, wie sehr ich mich anstrenge, ich schaffe es nicht mehr. Das heißt, wichtig ist es, bildhaft gesprochen, immer mal wieder den Fuß vom Gas zu nehmen und zu reflektieren: Hetze ich nur noch durchs Leben? Was will ich und was tue ich denn eigentlich? Wichtig ist zudem, sich körperlich fit zu halten. Und dann sollte man natürlich auch aktiv werden und an der Situation sowie der eigenen inneren Einstellung arbeiten.

Was sind die Burnout-Symptome?

Vom Burnout betroffen sind meist Menschen, die sich überdurchschnittlich stark mit ihren Aufgaben identifizieren und diese sehr gewissenhaft erfüllen möchten. Deshalb haben sie irgendwann das Gefühl: "Alles wird mir zuviel". Ein erstes Warnzeichen ist es, wenn Personen pausenlos arbeiten und dabei zunehmend einen gehetzten, verwirrten und frustrierten Eindruck machen. Weitere Alarmsignale sind soziale Isolation, zunehmende Klagen über Erschöpfung, mangelnde Konzentrationsfähigkeit sowie Angstzustände – vor allem, wenn Mitarbeiter dabei verstärkt zu "Helfern" wie Alkohol und Tabletten greifen.

Welchen Führungsstil sollte ein Chef wählen, damit seine Mitarbeiter nicht ausbrennen?

Führungskräfte sollten ihre Mitarbeiter zwar fordern, aber nicht überfordern. Wann ein Mitarbeiter sich überfordert fühlt, hängt aber von vielen Faktoren ab – zum Beispiel seinem Können und seiner Erfahrung, seiner körperlichen Verfassung, seinem Selbstwertgefühl und dem Gefühl, respektiert zu sein. Entsprechend wichtig ist es, dass Führungskräfte sich bewusst Zeit für ihre Mitarbeiter nehmen. Zeit, um ihnen zu erklären, warum ihre Aufgaben wichtig sind, Zeit, um ihnen die erforderliche Unterstützung zu gewähren, Zeit, um zu erkennen, wann ein Mitarbeiter überfordert ist – sei es aus rein beruflichen Gründen oder weil er gerade privat noch einige Baustellen hat. Am Arbeitsplatz sollte zudem kein Klima der Angst bestehen, bei dem die Mitarbeiter stets befürchten müssen: Wenn ich die Erwartungen nicht erfülle, stehe ich auf der Abschussliste.

Was sollte der Chef tun, wenn trotzdem ein Mitarbeiter Anzeichen eines drohenden Burnouts zeigt?

Das Gespräch mit dem Mitarbeiter suchen, um zu klären: Ist der Mitarbeiter zur Zeit überfordert? Benötigt er eine Unterstützung oder Entlastung? Befindet sich ein Mitarbeiter aufgrund eines Burnouts aber beispielsweise bereits in einem Zustand von Apathie und Depression, dann sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden, denn Führungskräfte sind keine Therapeuten. Deshalb sollte sich ihr Hauptaugenmerk auf die Burnout-Prävention richten.

Joachim Simon ist Inhaber der Braunschweiger Unternehmensberatung "Simonconsult".