Erholung: 30 Tage Urlaub. Was heute für viele Arbeitnehmer eine Selbstverständlichkeit ist, wurde vor 30 Jahren erstmals als tarifliche Regelung eingeführt.

Es war ein harter, zäher Tarifkonflikt. Sechs Wochen hatten die Stahlarbeiter in Nordrhein-Westfalen Ende der 70er Jahre gestreikt. Am Schluss stand wie immer ein Kompromiss. Neben einer Lohnerhöhung wurde eine schrittweise Verlängerung des Jahresurlaubs festgelegt – auf 30 Tage für alle.

1981 konnte die Mehrheit der Stahlkocher zum ersten Mal ihre längeren Ferien genießen. Heute ist die 30-Tage-Regelung in den meisten tarifgebundenen Branchen Standard.

Mit dem Abschluss in der NRW-Eisen- und Stahlindustrie wurde erstmals in einem großen Industriezweig der einheitliche Sechs-Wochen-Urlaub eingeführt. Vorher war der Urlaubsanspruch nach Alter gestaffelt und lag zwischen 21 und 27Tagen.

"Die 30 Tage haben sich danach schnell auch in anderen Bereichen durchgesetzt", sagt Reinhard Bispinck, Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Metall-, Textil- und Chemieindustrie übernahmen die Regelung wenig später.

Ursprünglich wollte die IG Metall in der Tarifrunde 1978/79 für die 200000 Stahlarbeiter in NRW, Osnabrück und Bremen die 35-Stunden-Woche durchsetzen. "Hintergrund war, dass es damals einen drastischen Personalabbau gab", erläutert Wolfgang Nettelstroth, Sprecher der IG Metall-Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen. Doch auf eine wöchentliche Arbeitszeitverkürzung wollten die Arbeitgeber sich nicht einlassen und boten stattdessen mehr Urlaub an.

Es begann ein Arbeitskampf, der mit einer Aussperrung einherging und erst nach 44 Tagen endete. Eines der Ergebnisse: Die 40-Stunden-Woche blieb, aber der Urlaub wurde schrittweise ausgedehnt.

Bei den Beschäftigten stieß der Kompromiss damals nicht auf ungeteilte Freude. Aus einigen Betrieben kam lautstarke Kritik. In der Urabstimmung sprachen sich nur knapp 55 Prozent der stimmberechtigten Gewerkschaftsmitglieder für das Ergebnis aus.

"Viele werden erst langsam erkennen, wie gut der Abschluss ist", meinte der damalige IG-Metall-Vorstand Hans Janssen. Und der damalige Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands, Werner Stumpfe, sagte, gerade jüngere Arbeitnehmer würden den Wert des Abschlusses erst richtig zu schätzen wissen, wenn sie neun Tage mehr Urlaub bekommen.

Heute sind nach Angaben des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in den meisten Tarifverträgen 30 oder zumindest bis zu 30 Urlaubstage festgeschrieben – je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit. Allerdings arbeiten dem Institut zufolge nur 60 Prozent der abhängig Beschäftigten in Tarifbetrieben. Für die Mitarbeiter anderer Unternehmen gilt oft nur der gesetzliche Mindesturlaub von vier Wochen.

Die 30-Tage-Regelung ist nicht unumstritten. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln etwa hält flexiblere Vereinbarungen für sinnvoller.

"Einige Arbeitnehmer wollen vielleicht lieber mehr Geld ausgezahlt bekommen, anstatt sechs Wochen Urlaub zu haben", sagt IW-Arbeitszeitexperte Christoph Schröder. Dies könne einerseits einen Betrieb für Arbeitnehmer attraktiver machen und andererseits den Unternehmen mehr Spielraum verschaffen. dpa