Sich um neue Stellen zu bewerben – das fällt vielen älteren Arbeitnehmern schwer. Das liegt auch daran, dass viele Arbeitszeugnisse zu vage formuliert sind.

Wie bewerbe ich mich? Ratgeber dazu wenden sich fast alle an Schulabgänger und Hochschul-Absolventen. An Ratgebern für berufserfahrene Fachkräfte mangelt es jedoch – dabei gibt es einen großen Bedarf.

Jungen Bewerbern stehen noch fast alle Wege offen. "Anders ist dies bei Stellensuchern mit 20 Jahren Berufserfahrung. Die beruflichen Weichen sind gestellt", sagt Professor Karl Müller-Siebers, Präsident der Fachhochschule für die Wirtschaft Hannover. Dies schränkt ihr mögliches Arbeitsfeld ein.

Hinzu kommt: Während auf den Diplomen der Absolventen die Druckerschwärze oft noch feucht ist, sind die Zeugnisse ihrer älteren Berufskollegen meist schon vergilbt. "Sie sagen wenig über ihre aktuellen Fähigkeiten aus", stellt Personal- und Karriereberater Frank Adensam aus Ludwigshafen fest. "Unter anderem, weil sie im Verlauf ihres Berufslebens oft in ganz neue Aufgaben hineinwuchsen."

Ein weiterer Unterschied: Für Alleinstehende, die nach dem Studium den ersten Job suchen, ist es relativ egal, ob es sie nach Hamburg oder München verschlägt. Anders ist dies bei Berufserfahrenen mit Kind und Kegel. Trotzdem müssen gerade sie sich oft bundesweit bewerben: "Je spezieller ihre bisherigen Aufgaben, umso rarer sind die Jobs, die ihrem Profil entsprechen", sagt Adensam.

Daher sollten gerade ältere Arbeitnehmer darauf achten, wann der Zeitpunkt für neue berufliche Perspektiven naht. Diesen verpassen viele. Ein Grund: Ein Student, der seine Diplomarbeit schreibt, weiß genau: "In sechs Monaten habe ich mein Diplom. Also sollte ich allmählich Bewerbungsfotos machen."

Bei Berufstätigen sind die Signale meist schwächer. "Zum Beispiel: Der Chef gibt wichtige Aufgaben plötzlich einem

Kollegen. Oder die versprochene Gehaltserhöhung bleibt aus", erläutert Rainer Flake, Geschäftsführer der WSFB-Beratergruppe in Wiesbaden.

Fragt man ältere Arbeitslose, ob ihre Kündigung überraschend kam, gestehen viele: "Die Entlassung war absehbar." Sie verdrängten die Bedrohung jedoch. Verständlich, findet der Frankfurter Coach Kai Hoffmann: "Ältere Arbeitnehmer wissen: Wenn ich meine Stelle verliere, muss ich meine Lebensplanung überdenken."

Deshalb lautet sein Tipp für Berufstätige: Höret die Signale. "Denn Personalleiter sind Bewerbern, die noch eine Stelle haben, meist gewogener." Hinzu kommt: Je mehr Zeit zum Bewerben bleibt, umso größer ist die Chance, im Umkreis eine Stelle zu finden. Zudem agieren Noch-Berufstätige selbstbewusster.

Ein Problem vieler älterer Stellensucher: Sie können ihre Kompetenz nur schwer belegen. Denn ihre 15 oder 20 Jahre alten Diplome sagen wenig über ihr aktuelles Können aus. "Und Arbeitszeugnisse beschreiben meist nur vage die ausgeübten Tätigkeiten", betont Personalberater Adensam.

Oft helfen Beschreibungen, welche Probleme der Bewerber bei seinem alten Arbeitgeber löste. "Sind in ihnen kurz und prägnant die Aufgaben nebst Problemlöse-Schritten skizziert, macht dies die Kompetenz transparent", betont Adensam.

Im Ganzen gilt: Von alten Hasen erwarten Unternehmen aussagekräftigere Bewerbungen als von Berufsanfängern. Schreiben letztere in ihren Anschreiben "Mit Interesse las ich Ihre Anzeige" und schildern knapp ihren Lebenslauf, wird ihnen dies verziehen. Anders ist dies bei Berufserfahrenen. Von ihnen erwarten die Betriebe präzise Aussagen darüber, warum sie sich bewerben und wertvolle Mitarbeiter wären.

Diese Fragen zu beantworten, fällt vielen berufserfahrenen Bewerbern schwer. Viele wissen nicht, welche Pfunde sie in die Waagschale werfen können. Sie verweisen nur auf Fachwissen und Branchenkenntnis. "Firmen haben aber unterschiedliche Strukturen. Daher haben sie auch spezifische Probleme und Verfahren, diese zu lösen", sagt Adensam.

Ein Beispiel: Fach- und Führungskräfte in mittelständischen Familienbetrieben benötigen in der Regel eine breitere Qualifikation als Konzern-Mitarbeiter, denn in Klein- und Mittelbetrieben gibt es nicht so viele Spezialisten zum Delegieren von Aufgaben. Zudem dürfen sich ihre Mitarbeiter nicht zu schade sein, auch mal Briefe einzutüten.

"Ein Stellensucher, der in einem eher kleinen Familienbetrieb arbeitet, kann just dies beim Bewerben in die Waagschale werfen – auch bei Großunternehmen, die ihre Organisation in kleinere, flexiblere Einheiten untergliedern möchten", sagt Karriereberater Adensam.

Solche speziellen Erfahrungen sollten ältere Arbeitsuchende bei sich ermitteln, damit sie sich gezielt bewerben können. Denn, dass sie berufserfahrene Experten sind, sollte sich auch in ihrem Vorgehen beim Bewerben widerspiegeln.