Die Wirtschaftskrise hat den Lehrstellenmarkt in der Region nicht so hart getroffen, wie viele befürchtet haben. Die Handwerkskammer meldet gar ein Plus an Ausbildungsstellen.

Der Wirtschaftsteil der Zeitung besteht derzeit größtenteils aus Krisenmeldungen. Wer glaubte, in dieser Situation kann es auch auf dem Lehrstellenmarkt nur finster aussehen, muss sich korrigieren.

"In unserem Bezirk sind dieses Jahr bisher 2405 Ausbildungsverträge geschlossen worden", sagt Roland Neugebauer, der bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Braunschweig die Abteilung Berufsbildung leitet. Das seien 3,2 Prozent weniger als im vergangenen Jahr, aber Neugebauer gibt sich recht gelassen.

Vor allem zwei Dinge sind es, die ihn zuversichtlich stimmen: In der Region ist der Lehrstellen-Rückgang vergleichsweise milde ausgefallen. Im Bundesdurchschnitt seien es ganze acht Prozent, sagt Neugebauer. "Zudem sinkt die Zahl der Schulabgänger, so dass es zwar weniger Lehrstellen gibt, aber eben auch weniger Bewerber."

Die beliebtesten Ausbildungsberufe seien wie eh und je die kaufmännischen: Einzelhandels-, Industrie- und Bürokaufmann, Verkäufer, aber auch Industriemechaniker.

Das Ausbildungsjahr hat übrigens noch nicht überall begonnen. Neugebauer macht denjenigen Mut, die bis jetzt noch keine Stelle gefunden haben: "Viele Betriebe stellen noch zum 1. September ein, einige auch zum 1. Oktober. Es kommen dieses Jahr bestimmt noch mehr als 500 Ausbildungsverträge dazu."

Überraschend gut sieht es im Gebiet der IHK Lüneburg-Wolfsburg aus. Die Kammer meldet zum 31. Juli 2 973 neue Ausbildungsverhältnisse. Das sind 0,2 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr.

"Trotz Krise und Bewerberrückgang halten die Unternehmen ihre Ausbildungsleistung auf hohem Niveau. Mit einem so guten Ergebnis hätten wir nicht gerechnet", sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert. Er rechne damit, dass bis zum Jahresende rund 4 500 neue Ausbildungsplätze erreicht sein werden. IHK-Ausbildungsexperte Volker Linde sagt: "Die Lage ist trotz Krise so gut wie lange nicht mehr."

Die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade meldete vorige Woche sogar Zahlen, die fast zu schön klingen, um wahr zu sein. Das Handwerk scheint der Wirtschaftskrise zu trotzen.

1080 Lehrverträge sind laut Kammer in den ersten sieben Monaten des Jahres in unserer Region unterschrieben worden – das ist ein Plus von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Hauptgeschäftsführer Otto Schlieckmann gibt sich zuversichtlich, dass das gute Vorjahresergebnis in diesem Jahr gehalten wird.

Seine Erklärung dafür, dass das Handwerk der Krise trotzt: Vielen Betrieben sei bewusst, dass die Zahl der Schulabgänger in den nächsten Jahren sinkt. Also bildeten sie schon verstärkt für den eigenen Bedarf aus.

Handwerkskammer-Sprecherin Sandra Jutsch sagt, die beliebtesten Lehrberufe seien wie in den Vorjahren KFZ-Mechatroniker und Anlagenbauer für Sanitär-, Heizungs- und Klima-Handwerk. Auch die Ausbildung zum Friseur sei sehr gefragt.

"Allerdings sind die Interessen unter den Geschlechtern noch immer ziemlich ungleich verteilt", sagt Sandra Jutsch. Unter den 830 KFZ-Mechatroniker-Lehrlingen in der Region seien 20 Frauen. Dafür sind von 434 Friseur-Lehrlingen 390 weiblich.

Auch im Handwerk gilt laut Kammer-Sprecherin: "Bis zum Jahresende wird sich noch einiges bewegen." Wer also noch keine Lehrstelle gefunden hat, sollte nicht entmutigt sein und es weiter probieren.