Pilot bleibt Traumberuf trotz Billigflieger – Die Nachfrage nach der Ausbildung ist ungebrochen

"Über den Wolken – muss die Freiheit wohl grenzenlos sein", sang Reinhard Mey vor Jahren mit sehnsuchtsvoller Stimme. Für die Piloten von Verkehrsflugzeugen ist der Himmel ein Arbeitsplatz, und in Zeiten der Billigflieger ist der Job nicht einfacher geworden.

Doch trotz zunehmender Konkurrenz, wachsendem Zeitdruck und immer strafferen Arbeitsabläufen – die Faszination ist geblieben. Dem Traum vom Fliegen hat das alles offenbar nichts anhaben können. Pilot ist für viele immer noch ein Traumberuf. Die Nachfrage nach der Ausbildung ist ungebrochen. Bei der Lufthansa bewerben sich jedes Jahr etwa 3000 bis 4000 junge Leute. Den schwierigen Auswahltest bestehen etwa fünf bis sechs von hundert Bewerbern.

Wer bei Lufthansa einen Platz bekommt, hat Glück. Denn zum einen muss er nur einen von Lufthansa vorfinanzierten und erst nach Einstellung rückzahlbaren Eigenanteil von rund 40 000 Euro tragen. Das entspricht nach Angaben eines Lufthansa-Sprechers etwa einem Drittel der Gesamtkosten der Ausbildung bei Lufthansa.

Zum anderen – und das ist für viele noch wichtiger – hat man anschließend die Chance, auf einen Arbeitsplatz. Auch die TUI bildet neuerdings Piloten für den Bedarf der konzerneigenen Hapagfly und Hapag-Lloyd Express (HLX) aus. Der erste Lehrgang mit drei Frauen und fünf Männern läuft seit Mitte April in einer Flugschule in Paderborn. Der Arbeitsmarkt für Piloten habe sich inzwischen zwar etwas entspannt, sagen die Experten. Lange Zeit aber war es äußerst schwer, einen Job zu bekommen. Dazu beigetragen haben neben Airline-Pleiten und Konjunkturschwankungen auch äußere Faktoren, die die Reiselust beeinflussen. Terroranschläge gehören dazu, Epidemien oder auch Angst um den Arbeitsplatz. Die Anschläge vom 11. September 2001 waren damit auch für Flieger ein "einschneidendes Erlebnis", sagt Hapagfly- und HLX-Pilot Jörn Mahringer (39). "Das ganze ist ein bisschen entzaubert worden." Das gilt vor allem für die vielen Piloten, die nach den schwierigen Jahren immer noch arbeitslos sind. Oft haben sie noch Schulden von der teuren Ausbildung und müssen zudem um ihre Lizenz fürchten, wenn sie regelmäßige Flugstunden nicht nachweisen können. Eine Stunde im Simulator kostet nach Worten Mahringers 3000 Euro. Das ist zu teuer für die meisten. Und so versuchten sie, sich die Stunden irgendwie zusammenzufliegen. Manche müssten sogar dafür bezahlen, dass sie fliegen dürften. Die Billigflieger hätten dagegen den Markt nicht so dramatisch verändert, heißt es bei der VC, der Interessenvertretung der Piloten.

Allerdings sei der Kosten- und Zeitdruck immer größer geworden. Eine Billigfluglinie stelle genau so viel Personal ein, wie sie benötige, um das Flugzeug möglichst viele Stunden am Tag in der Luft zu halten. Da habe die Besatzung oft "hammerharte Arbeitszeiten", sagt ein VC-Sprecher. Die Leute arbeiteten manchmal an der Obergrenze dessen, was der Gesetzgeber in Deutschland zulasse – bis zu 14 Stunden am Tag und bis zu 60 Stunden in sechs Tagen.

Mahringer sagt, bei HLX würden die 14 Stunden nur selten angekratzt. Zwar seien die Zeiten am Boden bei den Billigfliegern deutlich kürzer als früher. Nach 25 Minuten am Ankunftsort geht es meist wieder zurück. Aber für die Arbeit im Cockpit reiche die Zeit gut aus. Man müsse schon konzentriert sein, sagt der HLX-Pilot, aber anstrengender als früher sei das nicht. Denn die Arbeit am Boden sei durch den verringerten Service auch weniger geworden. Vier Flüge absolvieren die Crews in jeder Schicht. Dann haben sie Feierabend – meist nach mehr oder weniger zehn Stunden.

Der Job habe viele Vorteile, sagt Mahringer, aber auch Nachteile – unregelmäßige Arbeitszeiten, auch am Wochenende, wenig Platz für Familie.

Aber auf die Frage nach der Faszination der Fliegerei sagt er aus vollem Herzen: "Ja, die gibt es noch!" Und dann erzählt er, wie er vor ein paar Tagen morgens losgeflogen ist, in eine drei Kilometer dicke Wolkendecke, und wie er die Wolken dann hinter sich gelassen hat und als blutroter Ball die Sonne aufging. "Daran kann ich mich niemals satt sehen." dpa