Erlebt jemand das Gefühl, völlig in einer Tätigkeit aufzugehen, nennen Psychologen das “Flow“. Schön wäre die Arbeitswelt, wenn das überall ginge.

Kennen Sie das? Sie stehen morgens gut gelaunt auf. Der Arbeitstag vergeht wie im Flug und am Abend sind Sie nicht abgespannt, sondern so ausgeglichen wie nach einem Mittagsschläfchen. Vielleicht hatten Sie ein Flow-Erlebnis.

Als Flow – zu Deutsch: Fluss – bezeichnen Psychologen das völlige Aufgehen in einer Tätigkeit. Man kann es auch Schaffens- oder Tätigkeitsrausch nennen. Bis heute ist weitgehend ungeklärt, was genau beim Flow im Gehirn passiert – und auch die Abgrenzung zum Suchterlebnis ist nicht ganz einfach.

Entdeckt hat dieses Phänomen der Psychologe mit dem unaussprechlichen Namen Mihaly Csikszentmihalyi.

"Flow stand anfangs eher für ein populäres Konzept, wird aber nach und nach auch wissenschaftlich ernst genommen", sagt Professor Werner Deutsch. Mit einer Forschungsgruppe untersucht der Leiter der Entwicklungspsychologe an der Technischen Universität Braunschweig einzelne Aspekte des Flow-Erlebnisses.

Am häufigsten kommen Flow-Erlebnisse im Zusammenhang mit künstlerischen und sportlichen Tätigkeiten vor – etwa beim Musizieren und Bergsteigen. Es sind Tätigkeiten, die für die meisten zunächst nichts mit Geldverdienen zu tun haben. Allgemeiner formuliert: Ein Flow entsteht, wenn sowohl die Herausforderungen hoch sind, als auch die Möglichkeiten, diesen zu begegnen.

Wer einen Flow erlebt, befindet sich auf dem schmalen Grat zwischen Unter- und Überforderung, alles stimmt, man geht völlig in einer Aufgabe auf. Man muss sich einer Sache um ihrer selbst willen mit äußerster Hingabe widmen und darf sich dabei nicht ablenken lassen, sagt Werner Deutsch.

Seine Diplomanden konnten Flow beim Schauspiel und beim Klavierspielen messen, aber auch in Berufen, die nach allgemeiner Auffassung so gar nichts mit Kunst zu tun haben – Computer-Programmierer zum Beispiel.

Dass nicht nur Künstler einen Flow-Zustand bei der Arbeit erleben können, sondern auch Menschen mit einem ganz normalen Bürojob – das bringt die Psychologen auf Ideen. Wäre es nicht ideal, wenn immer mehr Arbeitsplätze so gestaltet würden, dass sie Flow-Erlebnisse ermöglichen?

Das wäre zu schön, um wahr zu sein. Und wahrscheinlich, sagt Psychologe Deutsch, wird die künftige Arbeitswelt auch nie so aussehen, dass es allen geht wie dem Pianisten Arthur Rubenstein. Dieser sagte über seinen Beruf: "Ich spiele so gerne Klavier, dass ich es auch umsonst tun würde. Gott sei Dank wissen das meine Konzert-Agenten nicht."

Reinhard Böhm hat Sozialwissenschaften an der Universität Erlangen-Nürnberg studiert. Er ist seit 1975 Studienberater an der TU Braunschweig.