Auszubildende aus allen nördlichen Bundesländern gehen in Wittingen im Kreis Gifhorn zur Schule

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach – mit dieser Idylle hat der Beruf des Müllers heute nicht mehr viel gemein. Der Müller anno 2007 sichert die Versorgung von Mensch und Tier mit Hilfe von computergesteuerten Analysegeräten und Produktionsanlagen.

"Der Müller gehört zu den ältesten Berufen der Menschheit, die Berufsbezeichnung ist historisch besetzt", erklärt Hans-Rainer Rohde, Leiter der Müllerschule in Wittingen (Kreis Gifhorn). Aber, das gibt er zu: "Die Bezeichnung hat nichts Modernes und entspricht nicht der heutigen Zeit." Dabei habe sich in den vergangenen Jahrzehnten tatsächlich Einiges getan.

Schüler lösen Probleme aus betrieblicher Sicht

Für die Schulabgänger, die im August 2006 ihre Ausbildung als Müller begonnen haben, greifen neue Richtlinien. Schwerpunkte wie Qualitätsmanagement, Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel und Lebensmittelhygiene-Verordnung bestimmen den Unterricht, der nach der Neufassung zudem deutlich handlungsorientiert ist. Rohde: "Die Schüler müssen ein Problem aus betrieblicher Sicht lösen und überlegen, wie ihnen die Theorie dabei helfen kann."

Rohde weiß, dass in Sachen Öffentlichkeitsarbeit noch viel getan werden muss, damit der Traditionsberuf für junge Auszubildende wieder attraktiv wird. In den Abschlussklassen sei wenig darüber bekannt, wie modern, krisensicher, wichtig und abwechslungsreich der Beruf sei.

Rohde zur Ausbildungssituation: "Wir haben in unserem Einzugsbereich etwa 110 hervorragende Ausbildungsbetriebe, aber zu wenige Bewerber." Manche Betriebe seien froh, wenn sich ein oder zwei Interessenten finden. Von einer Auswahl könne man dabei nicht wirklich sprechen. Und dass, obwohl zunehmend auch junge Frauen den Beruf für sich entdecken, weil ein Müller schließlich die Mehlsäcke nicht mehr huckepack tragen muss.

Ob Mann oder Frau: Für alle Auszubildeden aus den nördlichen Bundesländern findet in der Müllerschule Wittingen, die zu den Berufsbildenden Schulen II in Gifhorn gehört, der Theorieunterricht statt. Der Standort ist einer von zweien bundesweit, die für die Erstausbildung zuständig sind.

Künftige Müller aus den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachen-Anhalt, Schleswig-Holstein und dem nördlichen Hessen besuchen die Wittinger Müllerschule, alle anderen müssen nach Stuttgart.

Die Auszubildenden kommen zweimal jährlich für je sechs Wochen zur Müllerschule nach Wittingen. Insgesamt knapp 160 Schüler besuchen die Müllerschule übers Jahr verteilt.

Deutsche Müller sind auch im Ausland gefragt

Wer die dreijährige Ausbildung zum Müller in Theorie und Praxis erfolgreich beendet hat nicht nur seinen Gesellenbrief, sondern auch fast die Garantie auf einen Arbeitsplatz. Rohde: "Die Arbeitslosenquote ist bei uns Müllern extrem gering."

Wer nicht erwartet, dass die Mühle vor seiner Haustür steht, sondern mobil ist, finde in Deutschland auch einen Arbeitsplatz. Oder er geht ins Ausland. Es ist nämlich längst kein Geheimtipp mehr, dass "in Deutschland ausgebildete Müller weltweit gesucht werden".

Und wer zu den Guten in Wittingen oder Stuttgart zählt, kann auch in die Müllerschule Braunschweig wechseln und dort seinen Meister oder seine Ausbildung zum Müllereitechniker oder Mühlenbautechniker machen.