Karriere in der Pflege: Wer im Pflegebereich die Karriereleiter erklimmen möchte, hat gute Chancen. Wohlhabend werden dort aber selbst Führungskräfte nicht.

Pflegenotstand – ein Schlagwort, das bereits seit Jahrzehnten durch die Medien geistert. Aber es ist mehr als nur ein Begriff in theorielastigen Diskussionen über zukünftige Entwicklungen. "Aufgrund der demographischen Entwicklung ist er bereits bei uns angekommen", sagt Birgit Walther, stellvertretende Pflegedirektorin am Klinikum Braunschweig. In einigen Bundesländern würden bereits Menschen mit geringeren Qualifikationen ausgebildet.

Was in Krankenhäusern und Seniorenheimen zu einem wahren Tauziehen um geeignete Kräfte führt, eröffnet Bewerbern gute Jobperspektiven. "Braunschweig ist in der Hinsicht eine Insel der Glückseligen", findet Birgit Walther. Alleine das Klinikum biete 240 Ausbildungsplätze an. Jedes Jahr würden 60 von ihnen übernommen. Eine 3 als Abschlussnote sei hierfür Mindestvoraussetzung.

Wer einmal dort angekommen ist und ein Jahr Berufserfahrung gesammelt hat, kann schnell einen weiterführenden Weg einschlagen. Das Klinikum bietet vier Fachweiterbildungen an: für mittleres Management, Anästhesie und Intensivmedizin, OP und Endoskopie sowie Hämatoonkologie. Zusätzliche Maßnahmen des Klinikums finden in Hannover für den psychiatrischen sowie in Hamburg für den Kinderintensiv-Bereich statt.

Thomas Türke ist bereits ganz weit oben angekommen. 1983 begann er seine Ausbildung am Klinikum. Er belegte zunächst einen Stationsleitungs-Lehrgang und bildete sich im Bereich mittleres Management weiter. 1998 übernahm Türke schließlich die Stationsleitung in der Nephrologie. Der Posten in der Abteilung für Erkrankungen der Niere sowie deren Therapie erfüllt ihn noch heute mit großer Zufriedenheit. "Ich habe die Führung über 90 Mitarbeiter. Zu organisieren und strukturieren hat mir immer Spaß gemacht. Ein bisschen Technik und Ökonomie ist auch dabei", sagt Türke über seinen Job. Arbeitsabläufe gestalten, Dienstpläne ausarbeiten, viel Gesprächsarbeit leisten – das sind nur einige der Aufgaben, die Türke zu erledigen hat.

Als Mann gehört der Stationsleiter im Pflegebereich zu einer Minderheit. Das Verhältnis von männlichen zu weiblichen Angestellten liegt in etwa bei 1:4. In welche Fachrichtung ein Auszubildender geht, stellt sich in der Regel in dessen Lehrzeit heraus.

Gute Jobperspektiven und reizvolle Aufstiegschancen – das sind die Vorteile, die der Pflegebereich bietet. Auch die Arbeitsbedingungen am Klinikum Braunschweig haben sich nach Meinung von Birgit Walther positiv entwickelt. "Die Schichtpläne stehen bei uns schon acht Wochen im Voraus fest. Oft sind es Wunschpläne", betont sie. Es gebe zudem diverse Angebote zur Stressbewältigung. Die Mitarbeiter hätten eine Fünf-Tage-Woche, allerdings fielen die beiden freien Tage nicht zwangsläufig auf das Wochenende.

Die Kehrseite der Medaille: Attraktive Gehälter können Angestellte im Pflegesektor nicht unbedingt erwarten. "Das Paradies können wir nicht bieten, aber wer kann das schon?", meint Ulrich Heller, Pflegedirektor des Klinikums. Er sagt aber auch ganz klar: "Ein Aufstieg spiegelt sich nicht ausreichend im Verdienst wider. In Bezug auf die Gehälter hinkt der öffentliche Dienst der freien Wirtschaft um Lichtjahre hinterher."

Auch Thomas Türke ärgert sich manchmal über die vergleichsweise bescheidene finanzielle Honorierung der Leistung. "Es gibt hier sehr gute und qualifizierte Leute. Im Vergleich zu anderen Berufen ist wirklich ein Ungleichgewicht vorhanden", bedauert er.

Birgit Walther hält die in manchen Verhandlungen beschlossenen Tariferhöhungen für "lächerlich gering". Hier seien die Tarifparteien in Zukunft stärker gefordert. Zumindest wenn der Pflegenotstand nicht Ausmaße annehmen soll, die keiner Gesellschaft zu wünschen sind.