Studenten sind auf Berufs-Praxis zu wenig vorbereitet.

Von der Theorie in die Praxis ist es ein großer Schritt. Das gilt auch für den Wechsel von der Uni ins Berufsleben. Als so genannter Highpotential hat Carola Meyer eine strukturierte Einarbeitung erwartet.

"Fehlanzeige!?, ist ihr Fazit. Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerin ist als Mediaberaterin direkt in eine Verlagsgruppe eingestiegen. In den ersten Tagen wurde die Augsburgerin mit Büchern und schriftlichen Informationen abgespeist. "Verkaufserfahrung? bekam sie durch das Mithören von Telefongesprächen, "Strategiekenntnisse? durch die wöchentlichen Meetings. Diese Treffen waren Austragungsort diverser Machtkämpfe und weniger ein Diskussionsforum, beklagt die Diplom-Kauffrau, die inzwischen einen Ratgeber "Karrierestart nach dem Studium? geschrieben hat. Sie ist überzeugt, dass der Praxisschock zum Berufseinstieg dazu gehört: "Die Erwartungen nach der Uni sind oft überzogen.?

Die Kontaktstelle zur Berufsorientierung der Universität Münster berät in Kooperation mit Fachhochschule und Arbeitsagentur Studierende und Absolventen. "Je unspezifischer die akademische Ausbildung, desto größer der Bedarf?, sagt Andreas Eimer, der Leiter des Career Services Münster. Zahnmediziner kämen weit seltener in die Beratung als Geisteswissenschaftler oder Diplompädagogen. Dabei werde das Thema berufliche Orientierung generell wichtiger: "Bei den neuen Bachelor-Studiengängen ist das Teil des Selbstverständnisses. Die Studenten kommen schon im ersten Semester zu uns.?

Lebenslanges Lernen lautet die Devise, aber es scheint, dass sie die Praxis noch nicht ganz erreicht hat. Eimer trifft immer wieder auf deutsche Arbeitgeber, die passgenau den Spezialisten suchen, der ihre Probleme lösen kann. Den Berater erreichen aber auch verstärkt Anfragen aus dem Ausland nach Akademikern egal welcher Studienrichtung: "Die suchen Leute, die Informationen verarbeiten können und Methodenwissen haben.?

Ein Historiker als Banker? "Warum nicht??, sagen die Briten. "Um Himmels willen!?, wehren die Deutschen ab. Aber auch Geisteswissenschaftler hätten inzwischen bessere Karten auf dem Arbeitsmarkt, sagt Marion Rang von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) in Bonn. Laut der Analyse "Arbeitsmarkt Kompakt für Akademiker? der Bundesarbeitsagentur hat sich im Vergleich zu 2005 die Zahl der arbeitslosen Geisteswissenschaftler fast halbiert und lag im August 2007 bei 7400. Sie liegt allerdings vor allem an der Improvisationskunst der Geisteswissenschaftler, so Karl-Heinz Minks, Projektleiter für Absolventenforschung beim Hochschul-Informations-System (HIS) in Hannover.

Zu diesem Missverhältnis tragen die Unternehmen selbst bei: "Sie geben viel Geld aus für die Rekrutierung, aber häufig zu wenig für Einarbeitungsprogramme?, betont Doris Brenner. Die Karriereberaterin rät allen Hochschulabsolventen, ein "Logbuch? über die ersten Schritte in der Berufswelt zu führen. Was den Berufseinsteigern gefallen hat und was nicht, was sie gelernt haben, was ihnen noch unklar ist und welche Ideen sie haben, werde so strukturiert und gesammelt, aber nicht gleich geäußert.