Goodwood. Das Festival of Speed in Goodwood ist ein einmaliges Ereignis der Motorsportwelt.

Anruf von BMW: „Wollen Sie einen unserer Wagen beim Festival of Speed fahren?“ Aber ja! Was habe ich im Motorsport nicht schon alles erlebt? Le Mans, Rallye Monte Carlo, unzählige Rennen auf dem Nürburgring. Aber nie war ich bisher bei diesem Top-Event in England dabei. Klar! Natürlich wollte ich fahren! Das Auto? Eine Rarität. Das silbergraue 328-Coupé, das 1940 für BMW die Mille Miglia gewann.

Das Festival of Speed in Goodwood hat das Prädikat „einmalig“ verdient. Es gibt nichts Vergleichbares weltweit. Das Besondere besteht in einem Mix von Tradition und Moderne. Der Bogen im Starterfeld der 300 Rennwagen reicht vom aktuellen Mercedes-Formel 1 mit Valtteri Bottas bis zurück zum Simplex von 1902 oder vom Le-Mans-Sieger Hybrid-Porsche 919 zum Grand-Prix-Wagen von 1914.

Hier, im Park des Earl of March, brodelt eine Mega-Racing-Gartenparty. Das Gewimmel von Unikaten auf Rädern und von Rennfahrergrößen ist beispiellos. Über 150 000 Besucher zieht dies Spektakel Jahr für Jahr an. Und alle Veranstalter von Formel 1-Rennen wären höchst zufrieden, wenn sie solche Besucherzahlen hätten.

Fahrer? Jede Menge Weltmeister. Da klettert Jackie Stewart in seinen Tyrrell von 1973, Emerson Fittipaldi in seinen McLaren von 1976, Arturo Merzario hockt im Ferrari 1961, Derek Bell im Surtees, Brian Redman im Vanwall, René Arnoux im Renault F1. Tom Kristensen, siebenfacher Gewinner in Le Mans, jagt seinen Sieger-Audi von 2000 die Piste hinauf und Richard Attwood einen der 1200 PS starken Porsche 917-Spyder. Jochen Mass löst Beifallstürme auf, als er den Kompressor-Motor des Mercedes-Silberpfeils aufheulen lässt, den 1937 Rudolf Caracciola fuhr. Die Reihe berühmter Fahrer ist lang. Sehr lang.

„Mein“ BMW MM 328 ist ein Juwel von 1939. Seine höchst fortschrittliche Alu-Stromlinienkarosse entwarf Touring-Superleggera in Turin. Der Sechszylinder-Zweiliter leistet 150 PS, so dass dies 650 Kilo leichte Gitterrohrahmen-Coupé 210 km/h läuft.

Wie man sich im Cockpit fühlt? Ein wenig Ehrfurcht ist dabei: Nur nichts kaputt machen! Der Fahrersitz ist nicht verschiebbar; so hocke ich dicht am Lenkrad, riesig wie ein Wagenrad. Mein Helm streift das Dach. Gurte gibt es nicht, auch keinen Überrollbügel. Das war damals unbekannt. Der Hebel der Knüppelschaltung liegt gut in der Hand und ist auch leicht zu führen. Weiße Knöpfe und Schalter überall – ein Hauch von Vornehmheit. Dann hieß es: „Gentlemen, please start your engines!“ Druck auf den Anlasserknopf am Armaturenbrett – der BMW-Sechszylindermotor wummert. Kurze Gasstöße. Ich rolle zum Start. Grünes Licht! Los.

Erste Rechtskurve – die Straßenlage ist gewöhnungsbedürftig, die Bremse verzögert nur mild. Ja, das ist der Technikstand von 1939. Aber das ist halt der „Kick“! Denn ich tauche in eine Rennwelt ein, die weit zurück liegt und lasse mich umwehen von der Aura der 1930er-Jahre. So war es einst! Mir wird bewusst, welch enorme physische und psychische Leistung nötig war, diesen Renner Stunden lang am Limit zu fahren. Es mag pathetisch klingen: Ich verneige mich vor Huschke von Hanstein, der einst den 328 zum Sieg trieb.