Duisburg. Der unerwartet erfolgreiche Dacia Logan von Renault beherrscht das Segment der Billigautos.

31 400 Euro kostete im vergangenen Jahr ein Neuwagen auf dem deutschen Markt durchschnittlich. Für dieses Jahr wird die Universität Duisburg-Essen bei ihrer jährlichen Auswertung sogar noch höhere Preise feststellen. Und dennoch: Das Billigauto lebt, seitdem Renault 2005 den Logan aus dem rumänischen
Dacia-Werk unters Volk brachte.

Mit anfangs 5200 Euro wäre das hässliche Stufenheck-Entlein fast noch unter dem DM-Schwellenwert geblieben. Neuwagen zu vierstelligen Preisen waren vor der Einführung des Euro-Bargeldes im Jahr 2002 in Deutschland bereits lange ausgestorben. Der
letzte seiner Art war der Seat Marbella, und selbst der extra billige spanische Fiat-Panda-Verschnitt kostete schließlich bereits 1998 mehr als 10 000 DM.

Der günstigste Dacia kostet in Deutschland knapp 7000 Euro

Auf die Frage „Wer hat’s erfunden?“ lautet die Antwort in Bezug auf das Billigauto allerdings nicht: „Die Spanier.“ Das Billigauto ist nämlich (fast) so alt wie das Automobil, zumindest so alt wie die vor mehr als 100 Jahren begonnene Fließbandproduktion. Eine heftige, aber kurze Blütezeit erlebte Deutschland mit Goggomobil & Co. in der Nachkriegszeit, bis die Wirtschaftswunderkinder genug Geld für ein „richtiges“ Auto in der Tasche hatten.

Im Jahr 2003 versprach der
damalige Renault-Chef Louis Schweitzer der Welt ein vollwertiges Auto für 5000 Euro und kaufte zu diesem Zweck die abgewirtschaftete rumänische Schrottmarke Dacia. Das Versprechen konnte Schweitzer nur kurzfristig zur Markteinführung im Niedrigpreisland Rumänien halten. Jetzt kostet der günstigste Dacia hierzulande knapp 7000 Euro.

Dabei sträubten sich westeuropäische Renault-Importeure im Jahr 2005, den ersten Dacia­Logan überhaupt ins Programm
zu nehmen. Und Werbung wollte
man für den Wagen mit eingeschränkter Fahrzeugsicherheit auch nicht machen. Doch aus den zunächst gerade mal 2000 verkauften „Datschen“ wurde innerhalb von knapp drei Jahren eine Erfolgsgeschichte, besonders befeuert auch noch durch die
Abwrackprämie 2009.

Heute ist Renault Deutschland stolz auf einen Dacia-Jahresabsatz von mehr als 50 000 Autos. Ohne diesen sähe die Bilanz noch düsterer aus. Auf 2,5 neue Renault-PKW kommt in Deutschland einer von Dacia. Selbst Taxifahrer sind sich nicht zu schade für den Logan MCV, riesig wie eine
E-Klasse, aber für unter 8000 Euro zu haben. Das T-Modell von Benz kostet mindestens das Sechsfache. Dafür hat der MCV sicher nicht ein Sechstel der technischen Finessen des Mercedes.

Viele kaufen den Dacia mit aufpreispflichtigen Extras

Dass ein Dacia nicht so günstig ist, wie es beim reinen Vergleich der Preislisten aussieht, ist nicht neu. Bei Dacia gibt es keine Rabatte, was auch die Erklärung für den relativ geringen Wertverlust ist. Die Neuwagenrabatte lagen im April laut Erhebung der Universität Duisburg-Essen auf dem
Rekordwert von durchschnittlich
23 Prozent. Seltsamerweise kaufen jedoch viele Kunden ihren
Dacia im soften Offroad-Look,
moderat höhergelegt und mit auffälliger Lackierung für entsprechenden Aufpreis. So betrug schon Anfang 2016 der Durchschnittspreis der in Deutschland verkauften Dacia-Neuwagen fast 12 000 Euro.

Lada Vesta – so geschmeidig kam noch nie ein Lada um die Ecke

Mit dem Aufkommen des Dacia verschwand auch noch der letzte Grund, einen Lada zu kaufen (außer dem Gelände-Urtier Niva). Geschenkt ist noch zu teuer, fiel zumeist das Urteil über die kompakten Kalina und Granta aus.

So einfach immerhin macht es der neue Vesta dem Kritiker nicht mehr. Die Limousine erstaunt, bietet sie doch das Niveau eines koreanischen Autos der vorvergangenen Generation. So geschmeidig kam noch nie ein Lada um die Ecke, und das Karosseriedesign verrät einen gewissen Gestaltungswillen, der den Autobauern aus Togliatti bislang fremd gewesen zu sein schien.

Dazu ist der 1,6-Liter-Vierzylinder mit 109 PS drehfreudig, sparsam und mit bis zu 178 km/h durchaus flott. Diesmal fehlt auch das ESP nicht. Gruselig ist nur die extrem langsam schaltende Automatik. 12 500 Euro verlangt Lada für das 4,41 Meter lange, gut ausgestattete Stufenheckmodell, und in der Formulierung steckt das Problem des Wagens. Im winterlichen Russland ist es ein absolutes Muss, dass beim Öffnen des
480 Liter großen Kofferraums nicht schlagartig die gesamte warme Luft aus dem Innenraum
entweicht. In Deutschland bevorzugt man unterhalb der gehobenen Mittelklasse Kombis und Fünftürer.