Braunschweig. Der neue VW Tiguan hat bei den kompakten SUV-Modellen sofort wieder gezeigt, wer der Chef im Rudel ist.

Seit einigen Monaten ist Volkswagens neuer Tiguan der zweiten Generation auf dem Markt. Erwartungsgemäß zeigt sich dieser Kompakt-SUV wieder als Bestseller. Erwartungsgemäß? Das ist durchaus nicht selbstverständlich in dieser umkämpften Kategorie, die weltweit mit zweistelligen Zuwachsraten boomt.

Die VW-Konkurrenz ist hochklassig: BMW X1, Kia Sportage, Hyundai Tucson, Mitsubishi Outlander, Toyota RAV4, dann auch die Etablierten wie der Mercedes GLA, Audi Q3, Mazda CX-5, ebenso der deutlich preiswertere Nissan Qashqai und andere mehr.

Der SUV verdrängt den Kombi

Dass dies in Wolfsburg gebaute Auto sofort wieder die deutsche Verkaufsrangliste anführt, hat gute Gründe. Da ist erst einmal die Optik. Sie ist ja grundsätzlich immer noch kaufentscheidend. Und das Design „sitzt“ beim neuen Tiguan, es ist top. Der SUV präsentiert sich ganz auf der aktuellen, kantigen VW-Linie, die Golf und Passat schon haben. Dazu kommt die kraftvoll wirkende Front.

Aber ähnlich wichtig ist, dass der Tiguan in vielen Details deutlich einen Wandel zeigt, den einige Mitbewerber noch nicht vollzogen haben. Fakt ist: Solch ein Sport Utility Vehicle (sportliches Vielzweckauto) muss sich dem Nutzwert der Vans und dem Komfort der Kombis annähern. Und das tut dieser Tiguan in hohem Maße; er ist weit weg von der Uralt-Generation dieser Spezies, die in eisgrauer Vorzeit mal „Geländewagen“ hieß. Die Kombis wiederum verlieren klar an Zuspruch.

Unsere Testfahrten bewiesen, dass das Wolfsburger Bekenntnis zu Praxistauglichkeit, Variabilität und Fahrkomfort beim neuen Tiguan in hohem Maße gelungen ist. Die Federung ist angenehm und „schluckfreudig“, die Bedienbarkeit einfach, der Geräuschpegel erfreulich niedrig, die Sitze sind bequem. Das Platzangebot fällt gegenüber dem Vorgänger üppiger aus. Der Neue ist etwas breiter und länger; der Radstand wuchs um fast acht Zentimeter. Aber dennoch bringt der Tiguan einen Zentner weniger auf die Waage – was den Spritdurst mindert. Fünf Sterne beim Euro-NCAP-Test zeigen darüber hinaus, dass der Sicherheitsstandard vom Tiguan sehr hoch bewertet wird. Die Verarbeitungsqualität darf als erstklassig gelten, das Angebot von Assistenzsystemen ist umfassend, und es erfreuen viele kleine Details. So lassen sich zum Beispiel die Rücksitzlehnen per Fernentriegelung umlegen. Multimedia-Ausstattung? Tadellos. Bei VW werden indes zunehmend Bedienelemente in den Touchscreen gelegt. Da ist die i-Drive-Struktur beim BMW etwas angenehmer.

TDI als überzeugendste Variante

Alles in allem: Der Tiguan ist bequem, hochwertig, geräumig und ab 26 000 Euro zu haben. Auch er – wie alle SUV-Modelle – wird gern von Frauen gefahren, die bekanntlich die hohe Sitzposition besonders schätzen. Als Allradler ist er besonders sicher (speziell im Winter), wobei er im Prinzip eigentlich ein Frontantriebler ist, dem bei Bedarf der Hinterradantrieb zu Hilfe kommt. Subjektiv betrachtet ist der Tiguan als Diesel die überzeugendste Variante: Drehmomentstark, verbrauchsgünstig und ideal als Zugfahrzeug; die Anhängelast (2500 kg) kann kaum ein anderer Konkurrent bewältigen. Es mag SUV-Typen geben, die zukunftsweisender sind (wie der Toyota RAV4 Plug-In-Hybrid). Es wird manchen Kunden der BMW X1 sportlicher, dynamischer, imageträchtiger erscheinen. Aber der Tiguan glänzt eben als Reisewagen und als Familientransporter gleichermaßen.

Der Tiguan der ersten Generation (Debüt 2007) wird vorerst für den nordamerikanischen Markt noch so lange in Deutschland weiter gebaut, bis die größere Variante des jetzigen Typs, der siebensitzige Tiguan XL, vom Band läuft; dieser aber dann in Mexiko.