Braunschweig. Bei einer Tour mit der Giulietta Baujahr 2016 werden bei unserem Autor Erinnerungen an 1958/59 wach.

Ein Geständnis vorweg: Ich mag Alfa Romeos. Und ich besitze auch einen dieser italienischen Klassiker, einen roten Alfa Romeo Giulietta Spider von 1960. So, nun ist erst mal das Wesentliche gesagt! Zur Erklärung, falls einiges zu positiv klingt.

Doch zunächst eine etwas bittere Wahrheit. Alfas haben ihren Kunden in den vergangenen Jahrzehnten mancherlei Kummer bereitet, manchen Werkstattärger. Aber all das hat eine Tatsache nie ändern können: Die Mehrzahl der „Alfisti“ sieht über diese Mängel hinweg. Das Image dieser Traditionsmarke steht unerschüttert.

Die ersten Alfas in Braunschweig

Großartige Rennsiege schon vor acht Jahrzehnten, aufregende, starke Motoren, ein immer wieder höchst attraktives Karosseriedesign – Alfa blieb grandios. Und diese Legende lebt. Bis heute. Es ist kein Zufall, dass Ferdinand Piëch als VW-Chef stets damit geliebäugelt hat, diesen großen Namen in den VW-Konzern zu integrieren. Doch Fiat wollte nicht verkaufen. Weder Alfa, noch Ferrari oder Maserati. Die Manager blieben eisenhart. Und sie taten gut daran; denn Alfa Romeo ist auch ein Stück Italien. Wenn ich heute eine der neuen Giuliettas (zu deutsch „Julchen“) fahre, dann fliegen meine Gedanken zurück in die 1950er- und 1960er-Jahre. Den allerersten Alfa Giulietta vom Typ Veloce in Braunschweig besaß – wie könnte es anders sein – Kurt Ahrens, der Senior der Rennfahrerdynastie. Dieses Auto war schneeweiß und ein Exot auf deutschen Straßen. Ahrens konnte damit per Achse zum Rennen fahren, siegen und wieder heimwärts rollen. Nach dieser GT-Limousine kaufte Ahrens ein reinrassiges Alfa-Renngerät. Einen Giulietta Veloce mit einer Zagato-Aluminiumkarosserie. Bei 1,3 Litern Hubraum 120 PS stark und – damals (1958) sensationell – über 220 km/h schnell.

Aber der Alfa, der mich betörte, war der Spider der Giulietta-Reihe. Der Zweisitzer mit Stoffverdeck gehörte Kurt Ahrens junior. Er bekam den weißen Roadster als Geschenk zur Führerscheinprüfung im April 1958. Ahrens junior, später ein Weltklasse-Rennfahrer, begann mit diesem Alfa (Kennzeichen BS-AU 777) seine Karriere, zunächst bei Rallyes. Sein Beifahrer war ich. Das war die Zeit, als meine Alfa-Liebe entbrannte.

Damals so teuer wie ein Porsche

Der Spider kostete damals – glaube ich – 12 000 Mark und war teurer als ein vergleichbarer Porsche. „Toll. Wenn Du Dir mal so ein Auto leisten könntest,“ dachte ich. Der Wunsch blieb. Und in den 1980er-Jahren hatte sich mein Rennfahrerkumpel Toni Fischhaber aus Bad Tölz solch einen Spider besorgt. Baujahr 1960. Aus Italien. Von Toni Fischhaber habe ich dieses Auto dann gekauft und mein Sohn Oliver hat es restauriert. Diesen Alfa Romeo Giulietta Spider besitze ich bis heute.

Die jetzigen Giuliettas? Sie besitzen immer noch ein „Gewisses Etwas“. Selbst ein Diesel. Vor allem, weil Alfas ein eigenständiges Design haben. Aber sie liegen – das soll nicht verschwiegen werden – doch klar unter dem Qualitätsstandard ihres großen Konkurrenten VW Golf. Nun darf man fragen, ob solche Ansprüche heute noch wichtig sind? Nicht unbedingt. Nur – Autos müssen zuverlässig sein. Leider ist der Kummerkasten bei Alfa Romeo stets gefüllt. Es sind oft Kleinigkeiten, die der Käufer moniert. Die Start-Stopp-Anlage fällt aus, eine Innenverkleidung lockert sich, die Motorkontrollleuchte blinkt (obwohl der Motor okay ist). Das ist die Art von typischem Alfa-Ärger.

Nun gibt es auch wieder eine Giulia

Die Giulietta bleibt für mich dennoch ein liebenswertes Auto mit sehr eigener Note. Alfa Romeo war gut beraten nach dem Zahlensalat (Typ 33, 145, 146, 147) ihren Kompakttyp 2010 wieder Giulietta zu nennen – wie die erste legendäre Limousine im Jahr 1954. Und deshalb war es auch konsequent, das höher positionierte Mittelklassemodell 2016 wieder Giulia zu taufen – wie damals, als die Giulia 1962 die Giulietta toppte. Das tut die Giulia auch heute noch Sie hat BMW-M3-Format. Mit über 500 PS. Aber das ist nun wirklich ein anderes Thema.