Berlin. Kopfstützen im Auto sind ein wichtiges Bauteil, um einer der häufigsten Verletzungen bei Autounfällen vorzubeugen.

Am Anfang war das Kopfpolster. Ende der 50er Jahre hatte der Zubehörspezialist Kamei ein Produkt im Katalog, das Fahrern „eine Schulterstütze gegen vorzeitige Ermüdung“ und Beifahrern „ein Ruhekissen während der Fahrt“ sein sollte. Leichteste Anbringung ohne Beschläge, dafür mit Gurtbändern wurde für das aus Schaumstoff gefertigte Produkt versprochen.

Es war die Zeit, als Kopfstützen im Auto noch längst nicht Standard waren. Die Sicherheit stand nicht im Vordergrund, hätte sie damals aber schon müssen. Denn wird der Kopf bei Unfällen nicht gestützt, drohen schwere Verletzungen der Halswirbelsäule. Das war damals so, und es ist heute so.

Und auch schon recht früh machte man sich immerhin Gedanken zum Thema Kopfstütze. Ein erstes Patent wurde nach Angaben des Auto Club Europa (ACE) bereits 1921 in den USA angemeldet. In Neuwagen zur Pflicht wurde die auf Englisch Headrest genannte Einrichtung in Amerika aber erst 1969. Seit 1999 sind Kopfstützen auf den vorderen Plätzen auch in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben.

Beste Kopfstütze nützt nichts, wenn der Insasse falsch sitzt

Nach Auskunft von Wolfram Hell, Unfallforscher an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), liegen bei 60 bis 80 Prozent aller Verkehrsunfälle mit Personenschaden weltweit sogenannte HWS-Distorsionen vor, also eine Verstauchung der Halswirbelsäule. „Es ist ein Massenphänomen“, sagt der Experte. Oft geben sich die typischen Beschwerden wie Nackensteife, Bewegungsschmerzen oder Bewegungseinschränkungen nach einigen Tagen, sagt Uli Schmucker von der Akademie für Unfallchirurgie (AUC) in München. Es kann aber auch zu Langzeitfolgen kommen.

Dass der Anteil der HWS-Beschwerden bei den Unfällen so hoch liegt, könnte auch an der Schludrigkeit der Insassen liegen. Welcher Fahrer stellt Kopfstütze und Sitz schon vor jeder Fahrt passend ein? „Durch die richtige Stütze am Kopf und die richtige Lehne im Rücken könnten die Zahlen stark gesenkt werden“, sagt Unfallforscher Hell. Hinzu kommt: Noch die beste Kopfstütze nützt nichts, wenn der Fahrer falsch sitzt – etwa schief, weil er sich auf der Mittelarmlehne abstützt.

Generell sollte die Rückenlehne möglichst aufrecht eingestellt sein und der Rücken in Kontakt mit der Lehne. Die Pedale müssen gut erreichbar sein, so dass das Durchtreten nicht zu einer Schiefstellung des Körpers führt. Die Kopfstütze selbst sollte nicht weiter als zwei bis drei Zentimeter vom Kopf entfernt sein. Ihre Oberkante liegt am besten auf einer Linie mit der Schädeldecke.

Die Belastung der Halswirbelsäule zu reduzieren – darum machen sich auch die Entwickler bei den Autoherstellern seit Jahren Gedanken. Neben der klassischen passiven hat die Industrie auch die aufwendige aktive Kopfstütze entwickelt. Diese bewegt sich bei einem Aufprall auf das Wagenheck in Richtung Kopf. Dadurch wird laut ACE der Peitschenschlag-Effekt verhindert, der eine Überstreckung der Wirbelsäule bedingt. Die Relativbewegung zwischen Kopf und Körper, verantwortlich für die einschlägigen Verletzungen, wird minimiert.

Sicherheitseigenschaften von Sitz und Stütze kann man nicht sehen

Es gibt auch proaktive Systeme, die auf Aufprallenergien reagieren, noch bevor sich der Körper bewegt. Bei einigen BMW-Modellen wird die Kopfstütze pyrotechnisch ausgelöst und bewegt sich in Millisekunden in Richtung Hinterkopf. Bei Mercedes gibt es einen Federmechanismus, der ähnlich schnell reagiert. Im Idealfall sind Stütze und Sitz als Gesamtkonzept entwickelt, und dann sei auch nicht unbedingt eine aktive Kopfstütze erforderlich, erläutert Unfallforscher Hell.

Verbraucher haben es recht schwer, die Sicherheitseigenschaften von Stütze und Sitz einzuschätzen. „Ansehen kann man dem Sitz dessen Qualität leider nicht“, sagt Hell. Er rät, sich anhand der Crashtest-Ergebnisse von Organisationen wie Euro NCAP zu informieren. dpa