Braunschweig. Ab November müssen alle neuen in der EU angebotenen Reifen nach einem standardisierten System gekennzeichnet sein.

Beim EU-Reifenlabel spielen neben der Effizienz (Rollwiderstand) und dem Außengeräusch auch Sicherheitsaspekte (Haftung bei Nässe) eine Rolle. Die Kennzeichnung soll dazu führen, dass der normale Reifenkäufer ebenso wie Einkäufer im Transportwesen zu kraftstoffeffizienteren und sichereren Reifen mit geringerer Lärmentwicklung greift.

Rollwiderstand

Beeinflusst wird der Spritverbrauch eines Fahrzeugs auch vom Rollwiderstand (Zapfsäulen-Symbol): Je größer die Anstrengung, um ein Fahrzeug zu bewegen, umso mehr Sprit ist nötig. Die durch einen Reifen erzielbaren Benzineinsparungen werden mit den gleichen Einstufungen benotet wie seine Sicherheitsleistungen. Die Einstufung wird noch durch ein Farb-Piktogramm verdeutlicht, das dem EU-weit verwendeten standardisierten Piktogramm für Energieeffizienz entspricht: A ist Bestnote – der Unterschied im Kraftstoffverbrauch je Klasse beträgt 0,1 bis 0,15 l/100 km.

Nasshaftung

Die Nasshaftung (Regenwolken-Symbol) des Reifens, also die Bremsleistung auf nasser Fahrbahn, ist für Reifenexperten ein Schlüsselfaktor in puncto sicherheitsrelevanter Leistungsfähigkeit, denn Reifen mit exzellenter Nasshaftung verkürzten den Bremsweg deutlich. Bewertet wird mit Einstufungen von A (Bestnote) bis G. Wobei zwischen der Leistung eines A- und eines F-Reifens Welten – etwa 18 Meter – liegen können, wenn bei Tempo 80 per Vollbremsung auf nasser Straße auf Tempo 20 verzögert wird.

Geräuschentwicklung

Das beim Abrollen auf der Fahrbahnoberfläche entstehende Außengeräusch (Lautsprecher-Symbol) nimmt nicht nur der Fahrer eines geräuscharmen Fahrzeugs mehr oder weniger als störend wahr, sondern auch die Umwelt. Ausgedrückt wird diese Geräuschemission in Dezibel, begleitet von ein, zwei oder drei Schallwellen. Eine schwarze Schallwelle steht für die geringste Geräuschentwicklung, drei Schallwellen für das höchste, zugelassene Abrollgeräusch.

Von der neuen Verordnung betroffen sind alle nach dem 1. Juli des Jahres produzierten Reifen der Kategorien C1 (PKW), C2 (Leichttransporter) und C3 (LKW).

Ausgeschlossen von der Regelung sind runderneuerte Reifen, Geländereifen für den gewerblichen Einsatz, Rennreifen, Reifen mit Zusatzvorrichtungen zur Verbesserung der Traktion (Spikes), Notrad-Reifen ebenso Old- und Youngtimer-Reifen sowie Motorradreifen.

Hersteller merken kritisch an, dass das Label zwar durchaus zur Bewertung von Sicherheit und Umweltverträglichkeit tauge, aber die Leistungsfähigkeit eines Pneus nicht komplett beschreibe. So analysiert man im Hause Goodyear Dunlop in der Entwicklungsphase eines Produkts mehr als 50 Kriterien. Dazu gehören unter anderem das Handling auf nasser und trockener Fahrbahn oder Aquaplaning-Verhalten. Nicht abgebildet seien ferner die typischen Eigenschaften eines Winterpneus wie Traktion auf Eis und Schnee oder kurze Bremswege bei winterlichen Straßenverhältnissen.

Deshalb sei es empfehlenswert, nicht nur das Label zu beachten, sondern zudem fachmännische Beratung sowie unabhängige Reifentests von Automobilklubs und Magazinen zurate zu ziehen.

Das EU-Reifenlabel soll nicht allein die Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge in Europa verbessern. Die Kennzeichnung ist Teil des Aktionsplans für Energieeffizienz, der die Energieleistung von Produkten, Gebäuden und Dienstleistungen verbessern soll, um den Energieverbrauch bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent zu reduzieren.

Die EU hat bereits ein System für die Kennzeichnung von Elektro-Haushaltsgeräten wie Kühlschränke, Waschmaschinen oder Fernseher geschaffen, um die Europäer besser über die Höhe ihres Energieverbrauchs zu informieren. ar/red