Auto-Alltag: Mensch und Auto – jahrzehntelang war diese Bindung in Deutschland so innig wie in keinem anderen Land. Doch die Macht des Statussymbols bröckelt. Die Konkurrenz ist gewachsen.

Ausgerechnet in Deutschland fehlt es dem Image von Autos immer mehr an Glanz. "Das Auto scheint für viele Menschen so ein austauschbares Produkt zu werden wie der Kühlschrank", sagt der Berliner Wirtschaftswissenschaftler Alfred Kuß. "Mit einem Porsche kann man doch niemanden mehr beeindrucken, zumindest in den meisten Milieus."

Die Verkaufszahlen zeigen: Vor allem jüngere Menschen greifen gern zum statusneutralen, soliden Kleinwagen – oder verzichten gleich ganz auf ein eigenes Auto. "Die Mittelklasse ist die neue Oberklasse", sagt Peter Kruse vom Beratungsunternehmen Nextpractice in Bremen. "Status ist im Bereich Auto kein gewollter Wert mehr." Bei den Kleinwagen gebe es einen wachsenden Premium-Bereich – dort ende der Ehrgeiz vieler potenzieller Käufer.

Dem "liebsten Kind" vieler Deutscher wurde in den vergangenen Jahren vor allem eines entzogen: die Liebe. Das Fahren im eigenen Auto sei für viele Jugendliche nicht mehr das Größte, auf neue Modelle werde nicht mehr hingefiebert, Auto-Kartenspiele seien nicht mehr das Nonplusultra für Jungs, sagt Kruse. Immer öfter seien beim Kauf eines Autos kaum mehr Emotionen im Spiel. Befragungen zeigten: "Mit einem geilen Badezimmer macht man oft mehr Furore als mit dem Auto".

Der Wagen vorm Haus zum funktionalen Zweckgegenstand degradiert wie Toaster oder Waschmaschine – wie konnte das passieren? "Es sind einfach mehr emotionale Dinge auf dem Markt heute", sagt Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen. "Der Wettbewerber ist nicht nur ein anderer Autohersteller, sondern auch der Urlaubsanbieter und der Golfplatz."

Einig sind sich die Experten, dass die Hersteller Mitschuld tragen am angekratzten Image. "Wenn Leute heute an Innovationen denken, denken sie an ökologische Innovationen", sagt Kruse. Die Autofirmen hätten sich für die Gedankenwelt ihrer Kundschaft viel zu wenig interessiert – und wenig Neues in punkto Nachhaltigkeit präsentiert.

Mit Werbekampagnen allein sei da kaum gegenzusteuern. "Die Wirkung von Marketingkampagnen wird deutlich überschätzt", sagt Kuß. Um aus der Krise zu kommen, müssten laut Andreas Pogoda von der Brandmeyer Markenberatung in Hamburg vor allem drei Dinge tun: "nachhaltige Motoren mit weniger Emissionen bauen, politisch auf den Straßenbau einwirken, Autos mit Innovationen für junge Menschen so unverzichtbar machen wie ein Smartphone".