Fritz B. Busch, Grandseigneur des Motor-Journalismus, spricht über die Zukunft des Autos.

Berühmt wurde der 85 Jahre alte Fritz B. Busch mit seinen Geschichten über "Autos für Männer, die Pfeife rauchen." Er schrieb Bücher und baute am Bodensee sein privates Auto-Museum auf.

Doch bei aller Liebe zum Auto bereitet ihm der Trend zu immer leistungsstärkeren Maschinen große Sorge. Im Interview sprach er über technische und menschliche Fehlleistungen.

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Beim wem?

Der Internet-Enzyklopädie.

Um Gottes Willen, aus dem Alter bin ich heraus. Aber ich schimpfe ab und zu noch herum. Es wird ja heute so schwach kritisiert. Ich konnte früher draufhauen, wenn ein Auto erschien, das 1000 Fehler hatte. Heute wird aber mit Rücksicht auf den Anzeigenleiter geschrieben.

Ist Ihnen der heutige Automobiljournalismus in Deutschland zu oberflächlich und zu langweilig?

Wem sagen Sie das! Ich vermisse drei große Kritikpunkte. Das eine ist, dass wir endlich mal den Designern was um die Ohren hauen. Ich brauche doch zum Beispiel Rundumsicht im Auto. Vor lauter Formgeilheit bauen die mir alles zu. Das andere ist die Überfrachtung mit Elektronik. Fangt doch mal endlich damit an, daran rumzukritisieren. Dritter Punkt: Die Kollegen jubeln und jubeln, wenn 400 PS drin sind – das ist doch alles Quatsch. Das sind Autos für einen Straßenverkehr, den es gar nicht mehr gibt.

Verfechter des modernen Autos würden jetzt sagen: Wir bauen das, was der Markt haben will.

Wunderbar! Den Markt haben die aber zuerst verdorben, in dem sie nämlich dem Käufer solche Dinge gezeigt haben, mit denen sie ihn verführt haben. Der Käufer ist ja verführbar. Gerade der Mann, für den ja ein Auto ein Spielzeug ist.

Sind Sie der Meinung, heute ist ein Auto mehr ein Marketingprodukt?

Mit 100prozentiger Sicherheit! Deshalb lautet meine Devise: Konstrukteure und Käufer müssen zurück auf den Teppich, gnadenlos.

Glauben Sie, dass es durch steigende Spritpreise oder die Kohlendioxid-Diskussion eher dazu kommt? Vielleicht durch neue gesetzliche Grenzwerte?

Das nimmt der Verbraucher schon wieder übel, weil er sich dadurch gegängelt fühlt. Ich habe schon vor 100 Jahren geschrieben: Die größte Spritersparnis liegt im Gasfuß des Fahrers. Aber wenn Sie in einem Straßencafe sitzen, dann kommt immer so ein Idiot vorbei, der noch zehnmal aufs Gas drückt, um Eindruck zu schinden, und das kostet jedes mal einen Liter Sprit. Und dann will jeder den anderen überholen. Die Zeiten sind doch vorbei!

Sie und andere Automobiljournalisten haben aber damals auch schon geschrieben, dass man bei dem zu- nehmenden Verkehr ein starkes Auto braucht.

Sie müssen sich in die Zeit zurückversetzen. Damals waren viele Autos auch unnötig schwach auf der Brust. Aber dann ist das eskaliert. Die Geister, die wir riefen, haben uns ad absurdum geführt.

Und es geht immer weiter. Wir sind jetzt bei 1001 PS.

Wo immer ich kann, haue ich da drauf. Meine Kollegen in den Redaktionen müssten jetzt ganz hart ran gehen. Das in der Presse immer nur gejubelt wird, wenn mehr PS drin ist, das ist doch Wahnsinn.

Würden Sie gerne wieder mal ein echtes Volksauto sehen?

Ich habe dem Kollegen einer großen Zeitschrift geraten: Gebt doch mal einem Mann mit einem ganz tollen Schlitten diesen Dacia für ein paar Wochen und dann soll er am Ende sagen: Was habe ich eigentlich vermisst an dem Auto? Die haben das gemacht, und der Fahrer hat gesagt: Ich habe nichts vermisst.

Sie waren ja selber an der Entwicklung eines Volksautos beteiligt.

Ich habe ja den ersten wirklichen Van gebaut, das war der Autonova+ fam. Aber das war 1965.

Fahren Sie selber ein neueres Auto?

Natürlich. Ich wohne am Wald in 700 Meter Höhe und brauche im Winter Allradantrieb und fahre deshalb seit Jahren Geländewagen. Und dann habe ich ein Reisemobil.

85 Jahre weiter gedacht: Wird es noch Autos geben und wie werden die aussehen?

Es wird ganz schlimm werden. Wenn die Entwicklung so ungebremst weiter geht, die Menschheit sich so vermehrt, kann es keinen Individualverkehr mehr geben.