Daimler-Chef Dieter Zetsche und andere schildern ihre Visionen zur Zukunft des Autos

In Deutschland fahren bisher nur wenige Menschen ein Elektroauto, gesprochen wird darüber aber oft und gern. Meist geht es dabei um den Antrieb. Doch die Tüftler müssen noch andere Probleme lösen - haben aber auch ganz neue Freiheiten.

Daimler-Chef Dieter Zetsche hat vom Auto der Zukunft eine recht genaue Vorstellung: "Dieses Ding - nennen wir es weiterhin Auto - wird sich wahrscheinlich in drei Dimensionen bewegen können. Solche Fahrzeuge oder besser ?Fliegzeuge? werden sich dann ausschließlich mit regenerativer Energie bewegen." So schilderte der Konzernlenker einmal seine Vision für die nächsten 125 Jahre des Automobils. Noch gibt es keine fliegenden Autos, eines scheint jedoch klar: Das Auto wird künftig anders aussehen. Vor allem die Elektromobilität eröffnet Forschern und Designern Freiheiten, gleichzeitig stellt sie die Experten aber vor neue Schwierigkeiten. Bisher werde die neue Antriebstechnik meist noch in das herkömmliche Auto eingebaut, sagt Lutz Fügener, Experte für Autodesign. "Dies wird sich aber nach und nach ändern, das gilt auch für das Design. Da gibt es unglaublich viele Möglichkeiten - von sehr realistisch bis Science-Fiction." In gewisser Weise wiederholt sich hier nach 125 Jahren die Geschichte das Automobils: "Das erste moderne Auto war eine Kutsche mit Verbrennungsmotor. Man hat also zunächst an das Fahrzeug, das schon da war, die neue Entwicklung drangebaut", sagt der Professor und Leiter des Studiengangs "Transportation Design" an der Fachhochschule Pforzheim. "Genauso ist es jetzt wieder." Vorne Motor, in der Mitte Fahrgastzelle, hinten Kofferraum - das müsse künftig nicht mehr so sein, sagt Fügener. Im herkömmlichen Auto sei viel Platz reserviert für Motorblock und Nebenaggregate, im Elektroauto könnten die Komponenten dezentral verteilt werden. Wie das aussehen kann, will etwa BMW auf der IAA in Frankfurt zeigen. Die Münchner präsentieren eine seriennahe Studie des elektrischen Stadtautos i3, das sie in gut zwei Jahren in die Autohäuser bringen wollen. "Wir haben eine eigene Architektur für E-Fahrzeuge erarbeitet", sagt ein Sprecher. Die Antriebstechnik ist im Fahrzeugboden untergebracht. Obendrauf sind die Fahrgastzelle und Stauraum. Der Konkurrent Daimler hat seine Ideen gemeinsam mit dem Chemieriesen BASF in ein Smart-Konzeptfahrzeug gepackt, das ebenfalls auf der IAA vorfahren wird. Für weniger Gewicht sorgen eine Karosserie aus Kohlefaser und Felgen aus Kunststoff. Das Dach ist mit transparenten Solarzellen bestückt. Der Winter macht den Ingenieuren beim E-Auto Sorgen. Der Klimatisierungsspezialist Behr gibt zu bedenken: "Beim rein elektrischen Fahren steht keine Motorabwärme für die Beheizung der Kabine zur Verfügung." Ein elektrisches Beheizen über die Batterie, die das Fahrzeug antreibt, würde bei Außentemperaturen um den Gefrierpunkt die Reichweite um fast die Hälfte schmälern. Auch andere Probleme müssen in den nächsten Jahren noch gelöst werden. Eine wichtige Rolle für den Kunden wird beim Autokauf aber weiter das Design spielen. "Erst einmal muss der Funke überspringen, und das geht über das Design, die Formensprache - das hat was mit Bauchgefühl zu tun", sagt Audi-Chef Rupert Stadler. Wird es also bald Autos zu kaufen geben, hinter deren Steuer auch gut und gerne die Helden eines Science-Fiction-Films Platz nehmen könnten? "Auch ein Science-Fiction-Auto könnte man verkaufen", ist Design-Experte Fügener überzeugt. "Dagegen spricht aber das Risiko, das damit verbunden ist. Dieses gehen viele Hersteller lieber nicht ein und setzen auf den sicheren Erfolg."