Stromversorger und Autobauer wollen Elektroautos als mobile Speicher für erneuerbare Energien nutzen

Können Elektroautos grünen Strom zwischenspeichern? Experten sagen ja – jede Menge.

Noch klingt die Idee utopisch, scheint aber genial: Das Elektro-Auto der Zukunft wird zu Hause in der Garage "aufgetankt", wenn der Nordseewind auffrischt und Strom in der Nacht am billigsten ist. Am nächsten Tag geht es auf dem Firmenparkplatz wieder ans Netz und speist Energie zurück.

Nur Zukunftsmusik? Nein. Autobauer und Energieversorger basteln schon an einer Einbindung von E-Fahrzeugen in die Stromnetze der Zukunft. Und Wissenschaftler erproben Modelle unter dem Stichwort V2G – Vehicle to Grid oder: Autostrom ins Netz. Denn es fehlen Netze und Speicherkapazitäten für grünen Strom. Die Schwankungen bei der Erzeugung von regenerativer Energie sind so groß, dass die Netze nur schwer im Gleichgewicht gehalten werden können. Als Puffer werden Pump- und moderne Gasturbinenkraftwerke eingesetzt, um Spitzen auszugleichen.

Ein ungeahntes Speicherreservoir für erneuerbare Energien liegt auf der Straße: Die Batterien von Elektrofahrzeugen. Rik De Doncker, Leiter des Instituts für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe an der RWTH in Aachen, findet: "Das ist ein Riesenpotenzial." E-Autos haben nicht nur Umweltvorteile, weil sie -frei sind. In Parkposition können sie zu einer virtuellen Superbatterie verknüpft werden, überschüssigen Strom aufnehmen und bei Bedarf ins Netz zurückspeisen.

Den längsten Abschnitt ihrer Lebensdauer verbringen Autos nämlich in Parkposition. Von der gesamten deutschen Fahrezeugflotte sind weniger als 10 Prozent ständig unterwegs.

So könnten 20 Millionen E-Autos einen Strompuffer bereitstellen, der das Zehnfache der Leistungen der heutigen Pumpspeicherkraftwerke erreicht, rechnet de Doncker vor. Das wären rund 70 000 Megawatt. Wenn alle rund 48 Millionen Autos in Deutschland rein elektrisch führen, würde deren kombinierte Energie als Reserve- oder Regelenergie zur Deckung aller Lastspitzen der deutschen Energieversorgung ausreichen, sagt Hochschullehrer Horst Wedde von der Technischen Universität Dortmund. In einem Forschungsprojekt arbeitet der Informatiker an der Entwicklung von Strategien zur Einbindung von E-Fahrzeugen in die Stromverteilnetze.

Auch der Bundesverband der Windenergie ist ein Verfechter der Elektromobilität. Mit einer ausreichend großen Fahrzeugflotte ließen sich viele dezentrale Stromspeicher zu einem großen zusammenschließen und steigende Mengen an Windenergie aufnehmen.

Mehr als eine Million Elektrofahrzeuge sollen nach dem Willen der Bundesregierung 2020 auf deutschen Straßen rollen. Das sind weniger als zwei Prozent des gesamten deutschen Fahrzeugbestands. Um die Potenziale der automobilen Speicher nutzen zu können, müssen zudem intelligente Ladestationen entstehen, die Strom entsprechend dem Netzbedarf abgeben und aufnehmen können – alleine der Aufbau der Ladestationen kostet Milliarden.

Vor allem müssten E-Autos zum Massenprodukt werden. Mit Kaufanreizen ließe sich die Entwicklung beflügeln, glauben Autoindustrie und IT-Verband Bitkom. Er fordert ein Einspeisegesetz für Autostrom - dann könne der E-Autofahrer für sein kleines mobiles "Speicherkraftwerk" auch kassieren. dpa