Auto der Woche: Die siebte Generation des Porsche 911 ist da. Ein erster Fahrtest in Kalifornien.

Das grüne Hinweisschild "San Francisco 289 miles" elektrisiert. Und schon weht uns die Melodie von Scott McKenzies Song ins Bewusstsein: "If you’re going to San Francisco". Dieser Welt-Hit der 1970er-Jahre ist noch immer eine Verlockung. Doch heute, unter milder Novembersonne auf dem Highway Number One von Los Angeles nach Norden rollend, geht’s nicht zur Golden-Gate-Brücke nach San Francisco. Der Anlass ist – für Autofans verständlich – indes kaum weniger verführerisch: Wir testen Porsches neuen 911 Carrera S.

Das Wort Ikone, eigentlich eine Bezeichnung für religiöse Traumbilder östlicher Kirchen, wird heutzutage leider recht inflationär genutzt. Für alles Mögliche. Auch für den 911. Deshalb möchte ich diese Bezeichnung lieber vermeiden und stattdessen schlichter sagen: Wer an Sportwagen denkt, der meint Porsche. Und wer an Porsche denkt, der meint den 911. Der ist ein ziemlich einmaliges Modell. Ein Solitär der Motorwelt. Wie der VW-Käfer.

1963 wurde "der Elfer" erstmals auf der IAA in Frankfurt präsentiert, 1964 kam er auf den Markt. Die Karosserie entwarf der begabte Porsche-Enkel Alexander ("Butzi") Porsche. Den 130 PS starken Zweiliter-Sechszylinder-Boxer des Hecktrieblers schuf Hans Mezger, der später den Formel-1-Turbo für TAG-McLaren baute. Auch Ferdinand Piëch half 1963/64 als ganz junger Porsche-Ingenieur mit, den Sechszylinder serienreif zu trimmen.

Deutlich gestreckter "Elfer"

Die 911-Grundkonzeption blieb über Jahrzehnte hinweg erhalten, wurde aber stets in kleinen Schritten fortentwickelt. Als krasserer Schnitt erwies sich 1997 indes die Abkehr von der Luftkühlung. Wichtig war den Stuttgartern stets, dass die Verwandtschaft zum Ur-Elfer – vor allem auch optisch – bewahrt wurde.

Jetzt ist die siebte Generation da. Noch immer ist der Neue als Elfer erkennbar, aber im Gesamteindruck näher an Porschetypen wie Cayman, Boxster und Panamera herangerückt. Der um zehn Zentimeter längere Radstand streckt den Elfer erheblich. Manche Fans sehen dadurch das 911-Alleinstellungsmerkmal – die unverfälscht identifizierbare Silhouette – etwas verwässert.

Die meisten Kunden wird es kaum stören. Der Verkaufserfolg ist dem 911 sicher. Seine Fahreigenschaften sind grandios, Qualität und Finish über jeden Zweifel erhaben. Er ist flacher, breiter, länger, aber er blieb – wie unsere Vollgastests auf der Flugplatzpiste von Santa Maria bewiesen – die faszinierende "Fahrmaschine", die er stets war. Trotz seines Gewichts von 1,5 Tonnen!

Das zeigt eindrucksvoll, welche Ressourcen dieses ehrwürdige Konzept – Sechszylinder-Boxermotor im Heck – auch heute noch bietet. Und noch etwas: Nichts ist reizvoller als hochdrehende Saugmotoren! Vom optischen Gesamteindruck her gibt sich der Elfer nach wie vor nobel, dezent, zurückhaltend. Mit solch einem Sportler, der überall Sympathie und soziale Akzeptanz genießt, darf man überall vorfahren. Im Ferrari, Lamborghini oder Mercedes SL sieht das schon etwas anders aus.

Das Fahrgefühl blieb "911 pur". Zündschlüssel links, Sicht, Sitzposition, Instrumente, Sound – alles wie bisher. Doch die Technik machte erneut einen Sprung nach vorn. Porsches Entwicklerteam – unter Wolfgang Dürheimer, nun Bentley-Chef, und jetzt geleitet von Wolfgang Hatz – optimierte Motor, Getriebe, Fahrwerk brillant. Ein elektronischer Zauberkasten mit Namen wie PTV, PDCC, PASM half dabei.

Weniger Sprit dank PDK

Der Motor des Carrera S blieb bei 3,8 Litern Hubraum, der normale Carrera hat nur noch 3,4 statt 3,6 Liter. Dennoch stieg die PS-Zahl beider Triebwerke bei gleichzeitig höherer Drehzahl, wobei sich der Verbrauch – dank der effizienten PDK-Schaltung – um jeweils stattliche 1,5Liter senken ließ.

Mehrfach hat Porsche schon neue Modelle präsentiert: 914/6, 924, 928, 964. Sie alle konnten dem 911 nie seinen Rang streitig machen. Er blieb der Star. Funkelnd, unerreicht. Deshalb gilt auch bei der neuesten Elfer-Generation: Die Legende lebt. Seit fast einem halben Jahrhundert.