Der Porsche 911 ist seit 1963 ein unvergleichlicher Klassiker. Immer wieder wurde er modifiziert. Nun ist der Carrera GTS da. Wir fuhren ihn in Kalifornien.

Schon eine Dreiviertelstunde rattert der Helikopter über nächtliche, lichterglänzende Häuser, Hallen und Straßen hinweg. Über Highways, auf denen sich die Rücklichter der in endlosen Staus steckenden Autos wie rote Ketten bis zum Horizont zu ziehen scheinen. Nimmt denn Los Angeles überhaupt kein Ende?

"Wie lange dauert’s noch?", frage ich den Piloten. "15 Minuten," sagt er. Und wirklich: Schon funkelt Palm Springs unter uns, und dahinter gähnt nur noch Dunkelheit. Dort dehnen sich die Coloradowüste und die kahlen, roten Bernardinoberge mit dem Cahuilla-Indianerreservat.

Rund 60 Flugminuten und 160 Kilometer entfernt vom Flughafen Los Angeles beginnt die Weite des Westens. Er ist nicht mehr so wild wie vor 130 Jahren, aber er schenkt immer noch ein ursprüngliches, archaisches, erhabenes Naturerlebnis.

Nur Schilder unweit eines Stores am Coyote-Creek erinnern, dass dies kein Paradies ist. "Caution. Snakes" steht da. Vorsicht. Hier ist Klapperschlangen-Land! Und noch eine Mahnung: Wasser mitnehmen!

Doch dann Stille, Sonne und einsame Straßen, auf denen uns nur alle 20 Minuten ein anderes Fahrzeug begegnet. Welch ein Kontrast zum Trubel der "L.A.-Autoshow" und zur Mega-City Los Angeles, die im Autogewusel zu ersticken droht. Es gibt nicht viele Gegenden, in denen das gemächliche Dahinrollen so viel Freude bereitet wie hier im Südwesten Amerikas.

Speziell in einem Cabrio. In diesem Fall ist es die Frischluft-Variante vom neuen Porsche Carrera GTS.

Porsche und USA – das ist inzwischen eine alte Liebe. 1948 waren die ersten 356-Typen im österreichischen Gmünd entstanden. Beim Pariser Autosalon 1950 hatten sich Ferdinand Porsche und Max Hoffmann getroffen, ein aus Österreich nach New York emigrierter Autohändler. Ihr Gespräch stellte eine Weiche. Hoffmann wollte den neuen Sportwagen (noch mit 1100 ccm-VW-Motor) in den USA verkaufen. Professor Porsche, der "Vater" des Volkswagens, war zunächst skeptisch, stimmte dann aber zu. So wurden vor 60 Jahren – im Herbst 1950 – die ersten 356-Coupés nach Nordamerika verschifft. Eine Erfolgsstory begann, die bis heute anhält.

Mehr noch: Gerade in den USA polierten unzählige Prominente den Mythos Porsche. Vor allem Hollywood-Giganten wie James Dean, der 1955 in einem Porsche-Spyder 550 tödlich verunglückte, aber auch Steve McQueen oder Paul Newman, die beide – obwohl Weltstars des Kinowelt – auf Porsche Rennen fuhren.

Der 911 darf nach wie vor als Eckpfeiler in der Porsche-Modellpalette gelten. 1963 wurde er als Nachfolger des 356 erstmals präsentiert und 1964 verkauft. Silhouette und Konzeption blieben in etwa, doch ansonsten wurde der Elfer immer wieder weitgehend verändert. 1997 verzichtete man sogar auf die Luftkühlung des Motors! Ein Konstruktionsmerkmal, das noch aus jener Urzeit stammte, als Käfermotoren im Porsche-Heck werkelten.

Der Porsche Carrera GTS (den Namen Carrera gibt es übrigens seit 1955) ist im Gegensatz zu anderen Porschetypen recht sportlich. Sein Hinterteil ist mit 1,85 Metern inzwischen so pausbäckig-breit, wie früher die Rennversionen. Der auf statte 408 PS/300 kW frisierte 3,8-Liter-Sechszylinder röhrt aufregend aus vier Auspuffrohren und sorgt für vehementen Anschub.

Der GTS hat alles, was den Fahrspaß steigern kann: Natürlich Heckantrieb, Verstellfahrwerk (Sport/Komfort), 19-Zoll-Räder mit Zentralverschluss, Sportauspuff, Sportsitze. Mit 105 000 Euro (Coupé) und 115 000 Euro (Cabrio) ist der GTS nicht billig, aber auch nicht sündhaft teuer; immerhin kostet ein Porsche GT2 RS das Doppelte. Aber im Gegensatz zu GT2 und GT3 gibt der GTS ein Versprechen: Er ist sportlich, aber absolut alltaugstauglich.