Osterode am Harz. In Osterodes Altstadt tut sich was: Eine Gruppe engagierter Bürger möchte die Liebe zum Fachwerk weitergeben: Erste Ideen und Aktionen sind geplant.

Das kunstvolle Fachwerk vom Mittelalter bis in das 19. Jahrhundert: Es ist gehört zu den größten Schätzen von Osterode am Harz. Es zu bewahren, zu erneuern und stärker in den Fokus des Marketings der Stadt zu rücken ist das erklärte Ziel der Politik in der Stadt an der Söse. Aber auch von engagierten Bürgern. Jetzt haben sich einige Einwohner und Liebhaber des Fachwerks in Osterode zusammengefunden – Fachwerkfans nennen sie sich. Ihr Ziel: Mit erfahrenen Handwerkern und Spezialisten die Techniken rund um den Bau von Fachwerk vermitteln, vor allem Kindern und Jugendlichen. Ein erstes Projekt soll bereit vor den Sommerferien starten, wenn alles gut läuft.

Axel Franke ist Stadtführer aus Leidenschaft. Der Chemielehrer im Ruhestand hat sich in Fulda selbst zum Fachwerkgästeführer ausbilden lassen. Dort hat er viele der traditionellen Techniken erlernt, die früher beim Bau von Häusern zum Einsatz gekommen sind. Das Fachwerk liegt ihm ganz besonders am Herzen – als „Zimmermann Heinrich“ gibt er regelmäßig Führungen in Osterode, zeigt dort die Besonderheiten des Fachwerkhandwerks. Die Begeisterung für die Bautradition, ihre Geschichte und ihre Bedeutung für die Stadt möchte er mit den Fachwerkfans weitertragen: „Über kurz oder lang ist es unser Ziel, die Leute – und besonders Kinder und Jugendliche – für das Fachwerk und für das Restaurieren zu begeistern.“

Vor dem ehemaligen Stadtpalais von Johann Schachtrupp zeigt Axel Franke ein Archivbild der beeindruckenden Wendeltrepe aus dem weiteren Herrenhaus des Unternehmers: der Schachtruppvilla. (Archiv)
Vor dem ehemaligen Stadtpalais von Johann Schachtrupp zeigt Axel Franke ein Archivbild der beeindruckenden Wendeltrepe aus dem weiteren Herrenhaus des Unternehmers: der Schachtruppvilla. (Archiv) © FMN | Kevin Kulke

Wie Sie an den Seminaren teilnehmen können:

Die „Fachwerkfans Osterode“ in Kooperation mit dem Fachwerk5Eck und das Netzwerk Lehm laden ein zu zwei aufeinander aufbauenden Lehmbau-Theorie- und Praxisseminaren zum Thema „Lehm im Fachwerk“:

Die beiden Seminare finden in Osterode statt. Teil 1 „Grundlagen Lehmputz“ am Freitag, 22. März. Dabei soll es unter anderem um folgende Punkte gehen: Eigenschaften und Aufbereitung von Lehm, Herstellung und Verwendung von Strohlehm, Bewerfen und Verputzen von Gefachen (innen und außen) mit einem Gemisch aus Stroh, Sand und Lehm und das Aufbringen von Lehmputz.

Teil 2 „Lehm massiv“ folgt am Freitag, 14. Juni, jeweils in der Zeit von 9.30 Uhr bis 16 Uhr. Dort werden zum Beispiel folgende Themen behandelt: Herstellung von Leichtlehmwänden, Vorsatzschalen aus Lehm, Stampflehm in Schalbrettern stampfen und die Erhöhung der Dämmfähigkeit durch Zuschlagstoffe wie Stroh, Flachs, Blähton, Schilf und andere poröse Materialien.

Alle, die an diesen Seminaren teilnehmen, können diese Techniken auch selbst anwenden. Sie sollen in die Lage versetzt werden, diese zum Beispiel zu Hause am eigenen Objekt anzuwenden oder in Schulen und Vereinen anzuregen, zu vermitteln und zur praktischen Umsetzung einsetzen zu können.

Arbeitskleidung und Werkzeug müssen selbst mitgebracht werden. Detaillierte Informationen dazu samt Kontaktadresse erhalten Sie nach der Anmeldung.

Für das Seminar entfallen Kosten in Höhe von 25 Euro pro Seminartag oder 40 Euro für beide Seminartage jeweils inklusive Imbiss, Getränken und Arbeitsmaterialien.

Die verbindliche Anmeldung sollte bis zum 12. März für Teil 1 und bis zum 29. Mai für Teil 2 mit Namen, Adresse, E-Mail, Telefon und Angabe der gebuchten Teile 1 oder 2 oder für beide Teile erfolgen: „Axel Franke, Fachwerkfans Osterode“ unter fachwerkfans-osterode@email.de mit dem Betreff „Lehm im Fachwerk“-Seminar Osterode, Frühjahr 2024“. Nach der Anmeldung werden die Kontodaten für die Einzahlung der Seminargebühr per Mail mitgeteilt.

Begeisterung wecken für das Fachwerk in Osterode

Eine Inspiration ziehen aus dem „Fachwerk-Kritzelbuch“: Ein spielerisches Werk von zwei Denkmalaktivistinnen, das Kindern die Besonderheiten des Fachwerks beibringen soll. Dabei geht es auch darum, den Blick für die Umgebung, für das eigene Zuhause, zu schärfen. Die Fachwerkfans suchen deswegen den Kontakt zu den Schulen in Osterode. Wie Axel Franke berichtet, wird schon in dieser Woche ein erstes Treffen in der Hauptschule am Neustädter Tor stattfinden. Sehr passend, wie Franke findet. Immerhin ist die Hauptschule im ehemaligen Stadtpalais der Familie Schachtrupp gelegen.

Bevor die erwachsenen Fachwerkfans aus Osterode aber die Begeisterung in Kindern wecken können, wollen sie sich zunächst selbst mit den Werkstoffen und Techniken besser vertraut machen. Dafür sind zwei Tagesseminare geplant, für die sich Interessierte bewerben können. Die Seminare stehen unter dem Motto „Lehm im Fachwerk“ und sollen jeweils aus einem kurzen Theorieteil und einem ausführlichen Praxisteil bestehen. Teil 1 ist am 22. März geplant: „Grundlagen Lehmputz“ wird er heißen. Am 14. Juni soll schließlich Teil 2 „Lehm massiv“ folgen. Beide Seminare sollen von Dieter Brauch von der Enregis GmbH (Pilosith Lehmbaustoffe) in Parensen bei Nörten-Hardenberg angeleitet werden.

Axel Franke alias Zimmermann Heinrich erläutert auf der Tour durch Osterodes Altstadt die Geheimnisse der traditionellen Handwerkskunst der Zimmerleute – und wie sie das Bild der Stadt durch die Jahrhunderte geprägt hat.
Axel Franke alias Zimmermann Heinrich erläutert auf der Tour durch Osterodes Altstadt die Geheimnisse der traditionellen Handwerkskunst der Zimmerleute – und wie sie das Bild der Stadt durch die Jahrhunderte geprägt hat. © FMN | Kevin Kulke

Lehm als wichtiger Werkstoff auch im Harz

Die Arbeit mit Lehm ist essenziell für das Fachwerk, wie die Fachwerkfans erklären: „Lehm ist ein natürlicher, optimaler und zugleich ökologisch sehr wertvoller Baustoff, der für eine konstante und gesunde Luftfeuchtigkeit in Innenräumen sorgt, Feuchtigkeit aufnimmt und sie dem Holz entzieht, das dadurch länger haltbar ist, weil es nicht so leicht von Schädlingen befallen werden kann.“ Für das Erlernen von Fachwerktechniken und das Weitergeben dieses Know-hows ist es also wortwörtlich nötig, sich ein bisschen die Hände schmutzig zu machen.

Die Seminare und das Projekt der Fachwerkfans werden vom Fachwerk5Eck unterstützt, das einen großen Teil der Kosten für die Schulungen übernimmt. Axel Franke und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter hoffen, dass sie mit ihrer Arbeit vielleicht eine Marktlücke in Osterode schließen können: „Das Fachwerk zu restaurieren und auch junge Menschen dazu zu inspirieren, es selbst wieder herzurichten, das könnte ein echtes Alleinstellungsmerkmal für Osterode werden.“

Das Fachwerkmodellhaus in der Altstadt von Osterode.
Das Fachwerkmodellhaus in der Altstadt von Osterode. © privat | Axel Franke

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