Osterode am Harz. Nach den Kundgebungen in Osterode haben einige Menschen Zweifel an der Menge der Teilnehmer. Auch die Beteiligung des Landvolks ruft Fragen auf.
Die Demonstrationen vom vergangenen Wochenende haben für Wirbel gesorgt in Osterode am Harz und in der Region. Vermehrt wurden dabei im Nachhinein Stimmen laut, welche die offiziellen Teilnehmerzahlen und die Beteiligung bestimmter Organisationen bezweifeln. In Facebook-Gruppen in der Region bestreiten zum Beispiel mehrere User, es hätte sich niemals um rund 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf der Demo handeln können. Maximal 300 Menschen sehen diese Kommentatoren stattdessen auf den Fotos vom Kornmarkt am Sonntagabend.
Auch die Beteiligung des Landvolks und mehrerer Bauern mit ihren Traktoren wollen einige Menschen keinen Glauben schenken. In der Woche nach den Kundgebungen erreichen den Harz Kurier Mitteilungen, das Landvolk habe mit der Demonstration nichts zu tun – die Bauern seien gar für die Zwecke missbraucht worden. Zu welchem Zweck? Vielleicht, um den Anschein zu erwecken, der Bauernstand sei auf den Weg der „Mainstream-Gutmenschen“ eingeschwenkt? So ganz klar war das zuletzt nicht. Dennoch ein Anlass, in der Woche nach den Protesten noch mal nachzufragen.
Teilnehmerzahlen an der Demo in Osterode am Harz im Faktencheck
Die Frage nach den Teilnehmerzahlen ist zugegebenermaßen etwas knifflig. Anfang Februar, Abends und bei eisigem Regen: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demonstration auf dem Kornmarkt waren nicht nur eingepackt wie die Astronauten, sondern auch allerorten mit Regenschirmen bewehrt. Da fällt es nicht leicht, die Köpfe ohne Weiteres zu zählen. Trotzdem hat es die Polizei getan – mehrfach, wie Heiko Fette, Leiter des Polizeikommissariats Osterode, auf Nachfrage berichtet. „Dreimal haben wir die Menschen auf dem Kornmarkt gezählt. Jede Zählung hat eine Zahl zwischen 1.800 und rund 2.000 Personen ergeben. Wir haben uns am Ende auf rund 2.000 Menschen festgelegt.“
Für die Zählung haben sich die Beamten in die oberen Stockwerke der Häuser rund um den Kornmarkt begeben, beispielsweise in die Häuser an der Rinnepassage. Aus Sicht des Polizeihauptkommissars Fette wäre eine Menge um die 300 Personen vor der Bühne völlig untergegangen.
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Was steckt hinter der Beteiligung des Landvolkes an der Demo in Osterode?
Bleibt noch die Frage nach der Beteiligung des Landvolkes. Der Kreisverband Northeim-Osterode habe durchaus kontroverse Nachrichten erhalten im Vorfeld der Demonstration, berichtet eine Mitarbeiterin des Landvolks am Telefon. Der Vorsitzende, Claus Hartmann, klärt auf: „Wir haben uns als Kreisverband des Landvolks ganz bewusst für eine Beteiligung an dem Demoaufruf entschieden und als Verband den Aufruf mitgezeichnet.“ Das Landvolk wollte sich solidarisch zeigen mit dem Anliegen der Demonstrierenden in Osterode: „Gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie, das sind Anliegen, die wir selbstverständlich unterstützen“, so Hartmann.
Doch im Kreisverband des Landvolks sind in Northeim und Osterode rund 2.500 Mitglieder organisiert – da habe es natürlich auch Mitglieder gegeben, welche die Entscheidung für keine gute Idee hielten. „Unsere Mitglieder bilden ein weites Spektrum ab – wie die Gesellschaft als Ganzes. Natürlich gilt auch für sie die Meinungsfreiheit“, so Hartmann. Einige Mitglieder hätten argumentiert, dass sie es kritisch fänden, jetzt mit Vertretern von Parteien zu demonstrieren, die sonst oft gegen die Anliegen der Landwirte argumentierten.
Doch Hartmann findet, dass diese politischen Belange in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen. In einem Schreiben des Kreisverbandes an die Mitglieder schrieb er deswegen: „Als Bäuerinnen und Bauern wollen wir für Demokratie und gegen Extremismus protestieren. Auch wenn wir als Berufsstand oft mit politischen Entscheidungen hadern und unzufrieden sind, und manchmal auch dagegen protestieren, stehen wir doch uneingeschränkt zu und hinter unserer Demokratie. […] Wir wollen als Teil der Gesellschaft mitdemonstrieren und zeigen, dass es trotz unterschiedlicher Ansichten zu landwirtschaftlichen Themen eine gemeinsame und unverhandelbare Basis gibt – unsere freiheitliche-demokratische Grundordnung. Wir wollen keine Partei ergreifen, sondern der Demokratie den Rücken stärken.“
Bauern in Osterode beteiligen sich an den Demos gegen Rechtsextremismus
Die Beteiligung mit einer symbolischen Sternfahrt von Bauern und ihren Traktoren um die Altstadt von Osterode sei eine Idee aus der Mitgliedschaft gewesen, berichtet Hartmann. Deren Mitorganisator war Daniel Wehmeyer aus Düna. Wehmeyer und seine Familie
und wollten ein Zeichen setzen für mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft – unabhängig von einzelnen Sachfragen. „Ich wünsche mir auch für die Zukunft, dass wir Demonstrationen gegen Extremismus machen. Auch Konservative dürfen sich nicht am rechten Rand abgehängt fühlen“, findet er.
Zusammen mit Berufskollegen habe er sich deswegen zu der Teilnahme verabredet. 50 Bäuerinnen und Bauern mit 25 Traktoren machten am Ende mit, so Wehmeyer. Darauf ist er stolz, auch weil Landwirte nach den Protesten im Januar bisweilen in die Kritik geraten waren. Seinem Kenntnisstand nach, waren sie in Osterode bisher die einzigen Landwirte, die sich so aktiv an Protesten gegen Rechtsextremismus in Niedersachsen beteiligt haben.
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