Osterode. Benedikt Hof aus Bad Sachsa ist ausgebildeter Schornsteinfeger und strebt nun den Meister an. So anspruchsvoll ist die Ausbildung.

Für Benedikt Hof aus Bad Sachsa geht es nach drei Jahren Ausbildung jetzt auf die Zielgerade: Im Frühjahr beginnt er seine 90-seitige Facharbeit, und in einem Jahr will er seinen Meister machen. Damit rückt für den Schornsteinfeger ein langgehegter Wunsch in greifbare Nähe: die Selbstständigkeit als Bezirksschornsteinfeger.

Schornsteinfeger: Ein nicht ganz gewöhnlicher Beruf

Heute haben wir einen offiziellen Termin, die Abgaswegüberprüfung und CO-.Messung steht an. Wir gehen die Dachstiegen hinauf zur Niedrigenergieheizung, unterhalten uns über das Handwerk, die Anforderungen und Inhalte. Unten habe ich die Heizkörper richtig aufgedreht, denn Benedikt Hof will zunächst den Gasbrenner, dann die Holzöfen und das Brennholz genauer unter die Lupe nehmen. Er zückt sein elektronisches Abgas-Messgerät, das im Sekundentakt die erforderlichen Messwerte aus dem Abgasrohr liefert. „Alles in Ordnung“, stellt er fest, die geltenden Grenzwerte werden eingehalten.

Es waren familiäre Verbindungen, die den jungen Mann zu diesem nicht ganz gewöhnlichen Beruf geführt haben, erzählt er. Nach diesen ersten Impulsen folgten Praktika in Bad Sachsa und Osterode. „Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich in die Ausbildung gestartet bin“ erinnert er sich und berichtet von einer anspruchsvollen Ausbildung, einem mit viel Lerninhalten angefüllten beruflichen Weg im sogenannten Dualen System.

Ist das Holz trocken genug zum Verbrennen?
Ist das Holz trocken genug zum Verbrennen? © FMN | Michael Paetzold

Der Beruf des Schornsteinfegers lässt sich heute nicht mehr auf das Kaminkehren reduzieren: Das wird während des Gesprächs schnell klar. Handwerkliches Geschick, Verständnis für naturwissenschaftliche Zusammenhänge und das Interesse an Umwelt- und Klimaschutz sollte man mitbringen. „Viel hat sich verändert, die Anforderungen sind größer geworden“, weiß Hof. Bei aller Tradition ist Schornsteinfegerin oder Schornsteinfeger ein moderner, technikorientierter Handwerksberuf mit Schwerpunkten in den Bereichen Energie und Umwelt-, Klimaschutz geworden.

Vielseitige Arbeit

Es ist vor allem die Vielseitigkeit, die das Handwerk für ihn so interessant macht, der Umgang mit den Menschen, die vielschichtigen Herausforderungen, das Reinigen und Warten von verschiedensten Lüftungsanlagen, lufthygienische und energetische Messungen und Kontrollen an Heizungsanlage, das Ausstellen der Energieausweise, Fragen der Brandschutztechnik und und und... Und dann kommen noch die körperlichen Herausforderungen dazu: „Bei unseren Kehrtouren geht es den ganzen Tag treppauf treppab. Man muss schon fit sein.“ Für den 26-Jährigen kein Problem.

Mit dem Schornsteinfeger unterwegs in Osterode

weitere Videos

    Jetzt geht es vom Dachboden raus zum Holzlager, bevor Küchen-Holzherd und der Kachelofen ihren hoffentlich guten Zustand beweisen können. Wir wollen messen, ob das für diesen Winter vorgesehene Brennholz auch ordentlich trocken ist. Es kommt das Holzfeuchtemessgerät zum Einsatz. Der Schornsteinfeger drückt die Sensoren an ein Holzscheit, wählt dann noch weiter aus. Auch hier: alles gut.

    Damit der Schornstein nicht versottet

    Er erklärt, warum das so wichtig ist: Je mehr Feuchtigkeit im Brennholz steckt, desto nachteiliger sei das. Die Verbrennung im Kamineinsatz läuft dann bei viel niedrigeren Temperaturen ab. Werden diese Gradzahlen unterschritten, können die schwerer entflammbaren Stoffe aus dem Holzgas nicht entzünden. Die Verbrennung erfolgt nicht, wie es sein sollte, und das schlägt sich im letztendlich erreichten Heizwert und Brennwert nieder. Das sei nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern auch für den Ofen und den Schornstein, der versotten kann. Mögliche Folge kann ein Kaminbrand sein.

    Ein wichtiger Lernort des Gesellen ist die Schule für Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger in Langenhagen, wo auch die Fortbildungslehrgänge zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Schornsteinfegerhandwerk laufen. Viele haben von hier aus den Sprung in die Selbstständigkeit geschafft und führen einen eigenen Kehrbezirk. „Dort habe ich ein Zimmer mit Verpflegung. Bis zu fünf Wochen an einem Stück bin ich dort“, erzählt er. Dann geht es wieder in die Praxis, in den Betrieb von Schornsteinfegermeister Lars Koch aus Herzberg, der in seinem Kehrbezirk LaPeKa, Freiheit, Lerbach und Teile von Osterode und Badenhausen betreut.

    Noch fehlt es an Nachwuchs

    Und wie steht es mit dem Nachwuchs? Denn aus der Generation der Babyboomer scheiden in absehbarer viele Meister aus. Rund 80 Azubis gibt es derzeit in Niedersachsen. Ob sie die Lücken füllen können? Dabei ist die Ausbildungsvergütung nicht schlecht, im ersten Lehrjahr 760 Euro, im dritte 930. Doch die Ausbildungsanforderungen sind mittlerweile hoch, und auch der demografische Faktor schlägt durch. „Wir werden in Zukunft viele neue Meister brauchen“, meint Benedikt Hof, gute Voraussetzungen für einen eigenen Kehrbezirk. „Und das war in der Tat schon vor der Ausbildung mein Ziel“.

    Frauen und Männer erhalten im Schornsteinfegerhandwerk übrigens die gleichen Chancen und Gehälter. Schornsteinfegerinnen sind in den Betrieben aufgrund ihrer fachlichen und kommunikativen Fähigkeiten sogar besonders gefragt. Der Frauenanteil insgesamt beträgt ungefähr zehn Prozent. „Auch in Südniedersachsen haben wir schon viele Schornsteinfegerinnen, teils schon lange als Bezirksmeisterinnen“, so Schornsteinfegermeister Koch. In Alfeld, dem Sitz der Innung in Südniedersachsen, bekleidet inzwischen eine Frau das Amt der stellvertretenden Innungsmeisterin.

    Prüfender Blick in den Kachelofen!
    Prüfender Blick in den Kachelofen! © FMN | Michael Paetzold

    Technischer Wandel bedroht Berufsstand

    Lars Koch blick nicht ohne Sorge in die Zukunft. In den nächsten Jahren werden viele Schornsteinfeger aus Altersgründen ausscheiden. Um das auszugleichen, bilden zu wenige Betriebe aus. Aktueller Nachwuchsmangel ist die eine Sache. Bedenklicher für den Berufsstand erscheint der technische Wandel, der diese Lage zwar ändern wird, aber andere Probleme mit sich bringt. So geht die Ausstattung mit modernen Heizungsanlagen mit deutlichen Einnahmeeinbußen für das Handwerk einher, weil sie viel wartungsärmer sind. Das intensiviert sich mit dem Einsatz der Wärmepumpe. „Für die Betriebe kann das durchaus bedrohlich werden“, stellt Koch mit Blick auf die weitere Entwicklung fest. Bis 2045 sollen Gas und Öl als Brennstoffe wegfallen: „Wir sind dann so gut wie arbeitslos.“

    Mit der Messung der Heizungsanlage, der Begutachtung der Öfen ist der junge Schornsteinfeger durch. Auf geht es zum nächsten Termin. Im Februar sehen wir uns wieder, dann werden die Kamine gekehrt, damit nichts anbrennt. Dazwischen liegt der Jahreswechsel, undenkbar ohne den Schwarzen Mann als Glücksbringer. Denn der sorgt traditionell für Sicherheit und bringt damit Glück für das neue Jahr!

    Mehr aktuelle News aus der Region Osterode, Harz und Göttingen:

    Kurz, knapp, krass informiert: HK Kompakt, der Newsletter vom Harz Kurier, fasst die wichtigen News aus Osterode und dem Südharz zusammen: Hier kostenlos für den täglichen Newsletter anmelden!