Wolfsburg. Der chinesische Automarkt schrumpft, Im- und Exporte gehen zurück. Die niedersächsische Wirtschaft bleibt aber vorerst gelassen.

Das neue Jahr beginnt mit einer Art China-Depression. Seit Montag ist nun offiziell bekannt, was seit einiger Zeit absehbar war: Der chinesische Automarkt ist nach Angaben des chinesischen Automobilverbands CAAM im vergangenen Jahr erstmals seit den 90er-Jahren geschrumpft – gegenüber 2017 um 2,8 Prozent auf 28,1 Millionen Fahrzeuge. Außerdem gingen die Exporte Chinas nach Angaben der chinesischen Regierung im zurückliegenden Dezember gegenüber dem Vorjahresmonat um 4,4 Prozent zurück, die Importe sogar um 7,6 Prozent. Diese Entwicklung wird auch in unserer Region beobachtet, derzeit aber noch gelassen.

Für viele deutsche Unternehmen, darunter Volkswagen, ist China ein bedeutender oder sogar der wichtigste Markt. Nach Angaben von Lars Heidemann, Berater für Außenwirtschaft bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg, ist China für die deutsche Wirtschaft der wichtigste Handelspartner außerhalb der EU. Das Handelsvolumen betrage 187 Milliarden Euro. Diese Summe entspreche 30 Prozent des gesamten Handels aller EU-Staaten mit dem Reich der Mitte. In Deutschland hingen 900.000 Arbeitsplätze am Export nach China. Wie Anje Gering, stellvertretende Haupt- geschäfts­führerin der IHK Braunschweig, ergänzte, haben 5200 deutsche Unternehmen in China investiert und würden dort 1,1 Millionen Menschen beschäftigen.

Laut Heidemann unterhalten mehr als 1000 niedersächsische Unternehmen Handelsbeziehungen mit China, mehr als 300 hätten dort sogar eine eigene Niederlassung oder seien Partner eines Joint-Ventures mit einem chinesischen Unternehmen. Aus dem Kammerbezirk der IHK Lüneburg-Wolfsburg seien es 124 Betriebe, davon 27 aus Wolfsburg und dem Kreis Gifhorn. Im Bezirk der IHK Braunschweig unterhielten 33 Unternehmen Handelsbeziehungen mit China – mit zunehmenden Volumen, sagte Gering.

Dass die Importe nach China rückläufig sind, wertet Heidemann als ein Indiz für die nachlassende Binnennachfrage im Reich der Mitte. Der Handelskonflikt mit den USA sei eine Ursache, spiele aber keine tragende Rolle. Der Außenwirtschaftsexperte der IHK Lüneburg-Wolfsburg führt diese Entwicklung stattdessen auf die Eintrübung der Weltwirtschaft insgesamt zurück. Das weltweite Wachstum habe sich etwas verlangsamt. Von einem längerfristigen Abwärtstrend könne vorerst aber nicht gesprochen werden. „Wir sollten zunächst abwarten“, sagte Heidemann. Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass über das gesamte Vorjahr betrachtet die chinesischen Exporte um knapp 10 Prozent und die Importe um knapp 16 Prozent gestiegen sind.

Ähnlich fällt die Einschätzung Gerings von der IHK Braunschweig aus: „In der niedersächsischen Wirtschaft gibt es keine Alarmstimmung.“ Zwar verlangsame sich das Wachstum in China, es sei aber immer noch sehr stabil. Nach einem Zuwachs von 6,9 Prozent 2017 werde für 2018 ein Plus von 6,6 Prozent erwartet, für dieses Jahr 6,2 Prozent.

Gering verwies darauf, dass viele deutsche Unternehmen unabhängig von der aktuellen Delle eine weitere Öffnung Chinas und gleiche Wettbewerbsbedingungen forderten. Noch immer gebe es in dem Land Protektionismus, um einzelne Branchen zu schützen. China habe zwar angekündigt, sich an die Regeln der Welthandelsorganisation WTO zu halten. „Das wurde aber noch nicht voll umgesetzt“, sagte Gering.

VW erwartet in China in diesem Jahr eine stabile Entwicklung des Automarkts, ohne großes Wachstum. Mit neuen Modellen will der Wolfsburger Konzern dennoch Marktanteile auf seinem wichtigsten Markt gewinnen. Im vergangenen Jahr lieferte der Autobauer im Reich der Mitte 4,2 Millionen Autos aus, das entspricht 38,8 Prozent der weltweiten eigenen Produktion. Frank Schwope, Auto-Analyst der Nord-LB in Hannover erwartet, dass die chinesische Regierung einem weiteren Schrumpfen des Automarkts nicht zusehen würde. Stattdessen würde sie mit einer Absenkung der Kaufsteuer den Absatz fördern wollen, so die Prognose des Analysten.