Braunschweig. Richard Kiessler, außenpolitischer Korrespondent unserer Zeitung, schreibt über die Blockade der Weltpolitik.

Die Geschäftigkeit der internationalen Diplomatie vermag nicht darüber hinweg zu täuschen, dass die Geschäfte schlecht laufen. Eine Stimmung für große Durchbrüche kommt nicht auf, festgefahrene Fronten verhindern die Lösung drängender Weltprobleme, gegenseitiges Misstrauen unter den Akteuren prägt die Staatenwelt.

Den Vereinten Nationen die Schuld für dieses Übel zuzuschieben, ist wohlfeil, aber abwegig. Denn die UN können nicht mehr sein als die Summe ihrer Mitgliedsstaaten. Solange diese nicht ihre Ressourcen der Weltorganisation zur Verfügung stellen, bleibt es beim fruchtlosen diplomatischen Schattenboxen.

Der syrische Bürgerkrieg wird allenthalben mit Bestürzung, aber mit lähmendem Schweigen und pflichtschuldigen Klagen beobachtet, ein Regimewechsel ist nicht in Sichtweite. Die iranischen Atompläne haben längst eine gefährliche Phase erreicht. Der Westen setzt auf Sanktionen, die das Regime in Teheran und dessen marode Wirtschaft inzwischen empfindlich schmerzen. Zugleich suchen die USA das Kriegsgebrüll des zur Hybris neigenden israelischen Premiers Netanjahu einzudämmen. Doch das Zeitfenster wird sich schließen, eine militärische Attacke nach den US-Wahlen wird wahrscheinlicher.

Opfer der israelischen-iranischen Konfrontation ist der Friedensprozess mit den Palästinensern, den der bedrohte Staat der Juden blockiert. Die antiwestlichen Aufwallungen in etlichen islamischen Staaten bremsen das Engagement der USA und ihrer europäischen Verbündeten in den Umbruchstaaten der arabischen Welt. Über die desolaten Perspektiven Afghanistans mögen die dort militärisch bis 2014 gebundenen Staaten ihren Bürgern keinen reinen Wein einschenken. Sie müssten sonst zugeben, dass mehrere zehntausend Soldaten am Hindukusch bleiben müssen, soll das in langen Kriegsjahren verheerte Land nicht vollends in die Hände der aufständischen Taliban fallen.

Übergreifende Menschheitsaufgaben wie etwa der Klimaschutz sind schon im Ansatz stecken geblieben. Die Europäer sind ohnehin vollauf mit der Bewältigung ihrer Schuldenkrise und dem Zusammenhalt der EU beschäftigt. In den USA wird die Zeit des Abwartens anhalten, bis der wiedergewählte oder neue Präsident aktionsfähig ist. Auch in China ist vor dem anstehenden Wechsel der Staatsspitze eine nervöse Lähmung zu beobachten. Und in Russland hadert Präsident Putin mit dem Bedeutungsverlust des Ex-Riesenreiches nach dem Kollaps der Sowjetunion.