Braunschweig. „Die Menschen haben ihre Angst verloren.“

Die Welt ist begeistert“, hat der Generalsekretär der UNO im Parlament gesagt, auch wenn der Reformprozess noch „zerbrechlich“ sei. Catherine Ashton, die EU-Außenbeauftragte, setzte die Sanktionen der EU aus, einschließlich der Reiseverbote für 491 Führungskader, und eröffnete ein EU-Büro. US-Außenministerin Hillary Clinton war mit großem Gefolge da, auch Londons Premier David Cameron eilte an den Ort der Hoffnung.

Dirk Niebel (der mit der schrecklichen Kommiss-Kappe) mochte den Fototermin nicht missen. Und als einer der letzten legte nun selbst Guido Westerwelle, unser Außenminister, einen Zwischenstopp in Birma ein, um für die deutsche Wirtschaft einen „fairen Zugang“ zum vielversprechenden Markt zu fordern. Der Kuchen, den es nicht zu verpassen gilt, ist groß: Das ressourcenreiche südostasiatische Land (Öl, Gas, Kohle, Zink) von der doppelten Größe Deutschlands benötigt Maschinen und Düngemittel, aber auch Milliarden-Investitionen in seine marode Infrastruktur und Energieversorgung.

Birma wird derzeit geflutet von Hilfsofferten, derer es gar nicht Herr werden kann. Und alle ausländischen Besucher suchten das Foto mit Aung San Suu Kyi, der tapferen Ikone des Widerstandes, und nicht mit dem zivil gewandeten Ex-General Thein Sein. Der Staatschef steht für das Unrechtssystem, unter dem Birma 50 Jahre lang zu leiden hatte und das von der Welt isoliert wurde.

Diesmal ist in Birma alles anders. Zwar manipulierten die Generäle die Wahlen 2011. Aber sie setzten zum Erstaunen aller Birma-Experten einen Reformprozess von oben in Gang. Den Sinneswandel der herrschenden Junta mag die Einsicht beflügelt haben, dass nur ein radikaler Wandel das völlig herunter gewirtschaftete Birma retten kann.

Für den politischen und wirtschaftlichen Wandel Birmas ist die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi unentbehrlich. Ihr persönlicher Einsatz allein ist jedoch noch kein Beleg für den Sieg der Demokratie. Denn Birmas Zentralstaat ist schwach. Es mangelt allerorts an Fachleuten.

Das Risiko des Scheiterns ist noch nicht gebannt. Aber die Menschen in Birma haben ihre Angst verloren. Das ist neu.