Glatzkopf, Springerstiefel, Bomberjacke – so stellen sich viele Menschen den typischen Neonazi vor. Dass dieses Bild nicht mehr zeitgemäß ist, erfuhren die Besucher eines Informationsabends in der Wolfenbütteler Kuba-Halle.

Es gebe in der Region zwar immer noch Kameradschaften rechtsextremer Skinheads, sagte der Referent David Janzen von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt (Arug). Daneben hätten sich aber Gruppierungen etabliert, die sich selbst als „Autonome Nationalisten“ bezeichneten. Diese kopierten in ihrem Auftreten und ihrer Kleidung linke Autonome und unpolitische Jugendkulturen. Sie seien für den Laien daher kaum zu erkennen.

Rechtsextreme ändern ihr Auftreten

In Wolfenbüttel gibt es eine im Jahr 2008 gegründete Gruppe mit dem Namen Autonome Nationalisten Wolfenbüttel/Salzgitter, so Janzen. Dieser gehörten nach Einschätzungen der Arug etwa 10 Personen an. Eine genauere Bestimmung sei schwierig, weil solche Gruppen als loser Verbund einzelner Aktivisten bestünden.

Zum Aktionsfeld der vorwiegend jungen Neonazis gehöre die regelmäßige Teilnahme an Aufmärschen, wo man im Stile eines Schwarzen Blocks auftrete. Außerdem verteilten die Autonomen Nationalisten Flugblätter und beklebten zahlreiche Flächen in der Wolfenbütteler Innenstadt mit Propaganda-Stickern.

Auch dieses Material ist so gestaltet, dass es nicht auf den ersten Blick als rechts zu erkennen ist“, so der Arug-Mitarbeiter. Statt Frakturschrift zierten häufig bunte comicartige Motive die Sticker, deren Inhalt zum Teil ebenfalls die Gesinnung verschleiere. „Neben Kapitalismuskritik und Anti-Amerikanismus, werden auch Umweltschutz und Tierrechte thematisiert“, erläutert Janzen. Um die eigenen Aktionen zu dokumentieren und zu überregionalen Demonstrationen aufzurufen, pflegten die autonomen Neonazis eine Internetseite. Deren Menüleiste zeigt unter anderem das Wolfenbütteler Schloss sowie das Rathaus. Außer den Autonomen Nationalisten existierten laut Janzen weitere rechte Gruppierungen. Die örtliche NPD sei seit dem Ausschluss des Funktionärs Andreas Molau deutlich geschwächt.

Geschäfte mit einschlägiger Mode

Die Geschäfte eines rechten Aktivisten aus Cremlingen liefen hingegen offenbar gut. Dieser betreibe eine Modemarke mit Motiven, die in der Neonazi-Szene nachgefragt würden. Janzen dazu: „Da steht nicht Sieg Heil drauf, sondern Wehrwolf oder Sonnenwende.“ Weiterhin gebe es in Hornburg bereits seit dem Jahr 2000 eine Gruppe von Fußballfans, in der auch rechte Skinheads offen mitmischten.

Der DGB-Kreisvorsitzende Michael Sandte begrüßte knapp 40 Besucher bei der Veranstaltung. Das Bündnis gegen Rechtsextremismus hatte dazu eingeladen. Sandte kündigte an, dass es weitere Abende zum Thema Neonazis geben werde. Im Anschluss an den Vortrag wurde auch Kritik am Vorgehen der Polizei laut. Diese nehme den politischen Hintergrund vieler Straftaten nicht ernst genug oder beschönige die Lage. Wolfgang Klingenberg, Leiter des Staatsschutzes bei der Polizei Salzgitter, wies diese Kritik zurück. Die rechten Umtriebe seien allesamt bekannt. Man nehme sie ernst und beobachte die verschiedenen Gruppen im Sinne einer Gefahrenabwehr auch unabhängig von konkreten Straftaten. „Wir sind auf dem rechten Auge keinesfalls blind.“