Entsorgungskommission des Bundes hat Zweifel an der Atommüll-Bergung

Eine endgültige Entscheidung, ob der Atommüll aus der Asse zurückgeholt werden kann, ist aus Sicht der Entsorgungskommission des Bundes kaum vor Ende 2011 möglich. "Solange werden die Untersuchungen dauern", sagte der Kommissions-Vorsitzende Michael Sailer unserer Zeitung in Berlin.

Es kann aber auch schneller gehen – wenn sich die Rückholung schon bei ersten Bohrungen als nicht realisierbar erweisen sollte. Das ist nach Einschätzung der Kommission, dem Beratergremium des Bundesumweltministeriums für Atom-Entsorgungsfragen, durchaus möglich. In einer neuen Stellungnahme für Minister Norbert Röttgen (CDU), die unserer Zeitung vorliegt, formulieren die Berater Zweifel am Rückholungs-Konzept.

"Eine ganze Reihe von Fragestellungen ist in den bisherigen Studien nicht behandelt worden", kritisierte Kommissions-Chef Sailer gestern bei einer Kerntechnik-Tagung des Lobbyverbands Atomforum in Berlin. Sailer selbst ist kein Atomlobbyist – der Physiker mit schulterlangem Haar ist Geschäftsführer des atomkritischen Öko-Instituts, war noch von Röttgens Vorgänger Sigmar Gabriel zum Kommissionschef berufen worden. Kritikpunkte der Experten:

Die Zeitpläne des Bundesamtes für Strahlenschutz seien "total überoptimistisch" und nicht plausibel. Zehn Jahre nennt das Bundesamt als Zeitraum für die Bergung des Atommülls – es könnten drei Jahrzehnte werden, meinte Sailer. Doch sei der Zeitdruck wegen der begrenzten Stabilität und drohender Wassereinbrüche massiv.

Es drohten erhebliche Schwierigkeiten wegen der Durchfeuchtung der Kammern und dem ungewissen Zustand der Abfälle. Dass das Bundesamt jetzt eine – von der Kommission angeregte – Probebohrung in der Kammer 7 der Asse vorbereitet, begrüßte Sailer. Doch während das Bundesamt erklärt, es handele sich um den "Startschuss der Rückholung," warnte Sailer davor, falsche Erwartungen zu erwecken. Eine Entscheidung könne erst nach den Untersuchung fallen – so hat es auch Röttgen schon erklärt.

Überlegungen, den Atommüll schon unter Tage teilweise zu bearbeiten, verwerfen die Experten. Man brauche für mehrere Jahrzehnte ein großes Abfallbehandlungszentrum in der Umgebung der Asse und ein Zwischenlager – das Asse-Gelände selbst scheide als Standort dafür aber aus.

Für die Beschäftigten müssten Strahlenbelastungen in erheblichem Umfang in Kauf genommen werden. Auch für die Bevölkerung in der Umgebung der Anlage würde es "eine zusätzliche reale Strahlenexposition durch Direktstrahlung und höhere Emissionen", geben.

Es sei fraglich, ob der Atommüll in Schacht Konrad eingelagert werden könne.

Für Sailer heißt die Konsequenz: Es müsse die Alternative einer Vollverfüllung als "Plan B" weiter verfolgt werden. Zugleich macht er aus seiner Ungeduld mit dem BfS keinen Hehl, warnt vor Bürokratie: Seit dem Betreiberwechsel bei der Asse vor 15 Monaten sei "nichts weiter erreicht worden als ein Genehmigungsverfahren einzuleiten."