Experten rätseln über Herkunft von Cäsium-137

WOLFENBÜTTEL. Belastet Atommüll im Endlager Asse II bereits Laugen mit Cäsium-137? Asse-Gegner sprechen von einem Gau, Betreiber und Atomaufsicht halten das für Unfug.

Das "Versuchsendlager" im Landkreis Wolfenbüttel, in das bis 1978 rund 126 000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll gekippt wurden, gilt auch bei den verantwortlichen Behörden als akuter Problemfall.

Das Bergwerk, in das seit 1988 Lauge fließt, soll stabilisiert und dann mitsamt dem Müll verschlossen werden. Kritiker fürchten gefährliches Flickwerk. In einer E-Mail an den Landkreis Wolfenbüttel räumte die Asse-II-Betriebsleitung Ende April ein, dass in Salzlösung Cäsium-137 gefunden wurde. In einem Dokument vom 28. Februar hatte es lediglich geheißen: "Die aufgefangene Lauge wird regelmäßig auf radioaktive Kontamination kontrolliert" – ein Ergebnis war nicht festgehalten. Nun heißt es, die Werte lägen "im Bereich der Umweltradioaktivität".

Sowohl der Asse-Betreiber Helmholtz-Zentrum München als auch das Landesumweltministerium halten die Werte nicht für besorgniserregend. "Dadurch wird niemand gefährdet, und die Belastung der Lauge ist so gering, dass wir sie problemlos zur Stabilisierung anderer Bergwerke verwenden können", so Heinz-Jörg Haury vom Helmholtz-Zentrum. Wo das Cäsium herkommt, darauf mag sich Haury aber nicht festlegen: Frühere Atombombenversuche und Tschernobyl-Spätfolgen sind eine ferne Möglichkeit, Folgen von Schlampereien bei der Einlagerung – ein Gabelstapler schlitzt ein Fass auf – eine andere.

Doch eine andere Quelle läge viel näher. An zwei Stellen trete Lauge auf der 750-Meter-Sohle des Bergwerks ein, sagt Joachim Bluth vom Niedersächsischen Umweltministerium. Stelle 1, mit 220 Liter pro Tag die größere, liefere Cäsium-Werte weit unterhalb der Grenzwerte. Stelle 2 dagegen erreiche ein Mehrfaches der Grenze. "Die Abfallkammer 12 ist in der Nähe", sagt Bluth. Und wie Plutonium liegt auch Cäsium in oft lecken Fässern, die in der Asse lagern.

Udo Dettmann vom Asse-II-Koordinationskreis warnt davor, am Schließungskonzept festzuhalten. "Wenn die Mengen zunähmen, müssten wir schauen", sagt Helmholtz-Sprecher Haury zum Cäsium-Problem. Dass die Belastung der Lauge vom radioaktiven Müll stamme, könne man zumindest nicht ausschließen, sagt Haury.

"Wir reden über geringe Werte", betont auch Bluth, ein ruhiger Fachmann. Der Strahlenschutz habe in der Asse einen hohen Stellenwert. "Das ist einer der Gründe, warum wir Gefahrenprävention betreiben müssen", sagt Bluth aber zu den Cäsium-Werten auch.