EU-Kasse soll Verluste für Abgeordnete ausgleichen

Die EU-Kasse soll EU-Abgeordnete für die Börsenverluste ihres "freiwilligen Pensionsfonds" im Steuerparadies Luxemburg schadlos halten. Aus vertraulichen Papieren des Fonds geht hervor, dass 478 Euro-Parlamentarier von der zusätzlichen Versorgung profitieren, die von der Finanzkrise in Mitleidenschaft gezogen ist.

Ein langjähriger EU-Beamter taxiert die Verluste auf bis zu 82 Millionen Euro. Nach den Fonds-Regeln ist das Europa-Parlament prinzipiell zum Ausgleich verpflichtet.

Wie viel genau von dem Fondskapital weg ist, das die EU-Kasse bis zum Jahr 2007 auf 214 Millionen Euro aufgestockt hat, hält Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering noch geheim. Ursprünglich war der Fonds nur für Italiener und Franzosen gedacht.

Italiener hatten kritisiert, dass sie daheim nach dem Abschied aus Straßburg keine Pension bekommen. Die Parlamentsspitze zeigte sich großzügig: Nicht nur Italiener, sondern jeder der heute 785 EU-Abgeordneten kann profitieren. Wer aus seinem Portemonnaie monatlich 1159 Euro in den Luxemburger Fonds zahlt, bekommt aus der EU-Kasse 2319 Euro dazu und kann später auf eine Doppel-Pension von monatlich 5500 Euro zugreifen.

Belege wurden nur selten vorgelegt

Es gibt Zweifel, ob die Parlamentarier den Eigen-Beitrag wirklich aus der Privatschatulle zahlen oder dafür die "Sekretariatszulage" verwenden. Einer Aufforderung der Parlamentsverwaltung, Belege für korrekte Zahlung vorzulegen, haben nach Auskunft eines Insiders die wenigsten Folge geleistet.

Fonds-Chef ist der britische Ex-Abgeordnete Richard Balfe, ausführende Privatbank die Credit Agricole Luxembourg. In den internen Fondsbilanzen werden Renditen von rund zehn Prozent angepeilt. Um die zu erreichen, schichteten die Fondsmanager das Geld seit Jahren aus festverzinslichen Wertpapieren in Aktien um und spekulierten mit Immobilien in Paris, London und anderen Hauptstädten.

Im dritten Quartal 2008 pumpten Balfe und Investmentbanker erneut massiv Fondskapital in Aktien und erhöhten deren Anteil auf über 70 Prozent, davon 10 Prozent in Bankaktien. Ein Viertel der 214 Millionen Euro Fondskapital war zuletzt im US-Dollar-Raum angelegt. Das Finanzdebakel an den Börsen traf den Pensionsfonds voll.

Abgeordnete erhalten keine Sofortausschüttung

Fondsgebühren und -management sowie Investmentstudien kosten zusätzlich gut eine Million Euro pro Jahr. "Kein Kommentar in der aktuellen Lage", so der Balfe. Die ist dramatisch: Der Generalsekretär des Parlaments ordnete im Februar (Tage vor seiner Pension) an, dass Abgeordnete nicht mehr das Recht auf Sofortausschüttung der gesamten Pensionsansprüche haben. Nun bleiben nur zwei Alternativen: Die Doppel-Pensionäre müssten auf die Hälfte der Ansprüche verzichten oder ein aus Steuergeld finanzierter, neuer Rettungsfonds muss die Spekulationsverluste auffangen.

Der juristische Dienst des Parlaments kritisiert die Zockerei seit Jahren. Die Regierung in Den Haag hat eine Steuer eingeführt, mit der bei den niederländischen Abgeordneten die Doppelpension wieder einkassiert wird. Insidern zufolge zahlt der Luxemburger Fonds den EU-Politikern ihre Pensionen allerdings auch auf ausländische Konten aus. Zypern sei sehr beliebt.