Wolfsburg. Das Badeland-Personal muss sich mit immer mehr Anfeindungen von Gästen auseinandersetzen. Zudem müssen reichlich Hausverbote ausgesprochen werden.

Das Bad im Allerpark, gerade erst 20 Jahre alt geworden, hat es nicht leicht dieser Tage. Es gibt laute Kritik an der geplanten Erhöhung der Eintrittspreise. Und als ob das nicht reicht, werden die Anfeindungen, Aggressionen gegenüber der Belegschaft immer größer. Beschimpfungen am Eingangscounter und Respektlosigkeiten gegenüber SchwimmmeisterInnen sind fast an der Tagesordnung. Dabei sollte es eigentlich im Badeland und auch bei der Stadt Grund zur Freude geben – denn die Besucherzahlen sind insgesamt top.

Zu Pfingsten, als schon bestes Freibadwetter herrschte, habe man an allen Tagen bis zu 2.500 Besucher gezählt, bilanziert Badleiter Uwe Winter. „Das ist ein super Ergebnis.“ Allerdings hätten auch wieder Hausverbote ausgesprochen werden müssen. „Das ist sehr traurig und wir können ja nicht Sicherheitspersonal ohne Ende beschäftigen. Das ist ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor.

Hausverbote müssen ausgesprochen werden

Zu den Verstößen, die regelmäßig zu Hausverboten führen: Gäste sehen es nicht ein, dass die Sauna ein textilfreier Bereich ist und wollen ihre Badekleidung nicht ablegen - was für die anderen Saunagäste unangenehm ist. Andere bepöbeln schon beim Reinkommen ins Badeland das Personal am Counter. Wieder andere sehen es nicht ein, dass den Anweisungen der SchwimmmeisterInnen Folge zu leisten ist, was sehr schnell sehr gefährlich werden kann. Badeunfälle gab es mittlerweile auch schon.

Uwe Winter unterstreicht, dass die allermeisten Badelandgäste sich nett und freundlich verhielten und es eben eine Minderheit sei – die allerdings könne der Belegschaft das Leben sehr schwer machen. Bei der aktuellen Knappheit an Servicepersonal und SchwimmmeisterInnen sei das gar keine gute Mischung.

Badleiter Uwe Winter beim 20. Badgeburtstag, der im vergangenen Februar gefeiert werden konnte.
Badleiter Uwe Winter beim 20. Badgeburtstag, der im vergangenen Februar gefeiert werden konnte. © regios24 | Archiv: Helge Landmann

„Wir suchen zum Beispiel händeringend Auszubildende für den Beruf der Fachangestellen fürs Bäderwesen. Drei Bewerbungen hat es gegeben, aber keiner ist zum Vorstellungsgespräch gekommen“, so der Badelandleiter zu einem weiteren misslichen Sachverhalt. „Wir würden uns riesig freuen, wenn wir den Ausbildungsplatz zum 1. August besetzen könnten.“

Sehr gute Erfahrungen mache man derzeit mit zwei Syrern, die als Schwimmmeister im Einsatz seien, schildert Winter. „Sie sind super engagiert, versuchen in Sprachkursen so schnell wie möglich Deutsch zu lernen und gehen toll mit den Badegästen um.“ Winter versucht, mangels Interessenten vor Ort, weiter über die Schiene der Schwimmmeister-Akquise im Ausland Kräfte zu gewinnen. Unter anderem aktuell in Polen. „Wenn sich Badegäste darüber beschweren, dass unser Personal noch nicht fließend Deutsch spricht, sind sie eingeladen, uns bei der Personalanwerbung zu helfen“, so der Badleiter über die Kritik, die manche in Sachen Sprachkenntnissen äußerten. „Entscheidend ist, dass sie im Notfall wissen, was zu tun ist und fit sind. Und das sind unsere Kräfte alle.“

Zurück zu den Hausverboten. Sie auszusprechen und sie zu kontrollieren seien zwei Paar Schuhe, so der Badelandleiter aus den bisherigen Erfahrungen. Der Gesetzgeber habe durch strenge Datenschutzregeln Spielräume eingeengt. Und auch Überwachungskameras seien nur im Eingangsbereich an der Kasse und dort, wo es um Sicherheitsfragen geht, erlaubt. Zum Beispiel im Rutschenauslauf.

Betrugsversuche sind übrigens inzwischen auch gang und gäbe: Bei den elektronischen Schlüsseln beispielsweise. Im Bad geht es bargeldlos zu, alles an Verzehr im Bistro oder der Saunabesuch zwischendurch wird auf den Chip gebucht. Da kann es schonmal passieren, denken sich manche, dass alles ausgerechnet auf dem Chip des Kindes landet. Und wenn das dann am Ausgang unter dem Drehkreuz durchpasst, ist der Badbesuch umso günstiger. In dieser Hinsicht war der ausschließlich elektronische Ticketverkauf hilfreich: Die Rückverfolgung auf der Datenautobahn hin zum Chip-Nutzer war gegeben - er konnte im Nachgang zur Kasse gebeten werden.

Dies alles bindet zusätzliche Zeit und es kostet die Nerven des Teams. Und überschattet die anhaltend erfreulichen Besucherzahlen, die der überregionale Besuchermagnet im Allerpark einspielt.

Kommentar von Barbara Benstem: „Land unter!“

Es blutet einem das Herz zu erleben, wie die Schwimmlandschaft - nicht nur in Wolfsburg - den Bach runter zu gehen scheint. Neben der Energiekrise, knapper werdender Zuschussbereitschaft öffentlicher Haushalte für die Bäder schlägt jetzt der Personalmangel gnadenlos zu. Bundesweit bleiben etliche Bäder vorerst zu, öffnen nur am Wochenende, stehen vor der endgültigen Schließung. Wenn Bäder, auch da steht Wolfsburg nicht allein, auch noch zum Blitzableiter werden für gesellschaftlichen Frust, dann ist komplett Land unter.

Wo sind die angemessenen Gehälter für die Mitarbeiter? Wo ist die Politik - der Sportausschuss? Schwimmmeister tragen eine enorme Verantwortung, es geht im Extremfall und Lebensrettung. Die Tatsache, dass weder unser Badeland noch unsere Freibäder Ausbildungsplätze, Stellen besetzen können, müsste als kalte Dusche genügen. Und wo ist eigentlich der große Arbeitgeber hinter dem Kanal, dem doch die Gesundheit der Belegschaft am Herzen liegt? Wie wichtig ist es VW, dass es Bäder vor Ort gibt? In der Republik gibt es unter anderem im Bergbau und in der chemischen Industrie genügend Beispiele, wie Firmen Schwimmbäder fördern. Noch kann Wolfsburg seine Bäder offenhalten. Noch.