Braunschweig. Günter Lindhorst ist mit 78 Jahren gestorben. Der Kult-Wirt ist am 30. Dezember nach kurzer schwerer Krankheit gestorben.

Das alte Schwarz-Weiß-Foto zeigt einen jungen Mann in Badehose bei einem tollkühnen Kopfsprung ins Wasserbecken. „Das Foto hat ihm damals einen Spitznamen eingebracht: Seine Freunde nannten ihn den Hering“, erinnert sich Sandra Eickmann, langjährige Lebensgefährtin von Günter („Lindi“) Lindhorst, den nur die ganz, ganz alten unter seinen vielen Kumpels als Turmspringer kennen.

Und tatsächlich: Wie ein Hering tauchte der junge Lindhorst damals ins Wasser ein, ohne Spritzer. Wie es sein soll. Bei den norddeutschen Jugendmeisterschaften sei das Foto entstanden, weiß Rolf Drosse, Mitarbeiter im „Lindi“ am Bohlweg.

Günter Lindhorst – ein Gesicht der Stadt, ein Kult-Wirt auf Augenhöhe mit Gastronomen wie Paolo, Conni Eckleben, Wolfgang „Elvis“ Haberkamm und den anderen. Und ein Braunschweiger Original, das man, was Bekanntheitsgrad und Popularität betrifft, in eine Reihe stellen kann mit den Stadtoriginalen, den Rechenaugust, die Harfen-Agnes, den Teeonkel und den Deutschen Hermann.

Im April 1973 eröffnet der Gastronom aus Leidenschaft, als Quereinsteiger und gelernter Technischer Zeichner, das „Lindi“ am Bohlweg, im früheren „Schloßeck“, und wird in den folgenden Jahrzehnten zu der (!) Top-Adresse der Fußball-Fans machen. Wenn Eintracht Erfolge feiert, wie zuletzt beim Klassenerhalt im Mai 2019, muss die Polizei die Straße vor seinem Lokal sperren, so viel ist dort los. Legendäre Party mit hunderten freudetrunkenen Fans.

Ein Blick zurück. Auf einem alten Motorrad kommt 1959 Lindhorst als junger Textilvertreter nach Braunschweig – geboren in Hildesheim, aufgewachsen in Gifhorn, um sich, wie er sagt, „ein Stück vom Kuchen des Wirtschaftswunders zu sichern“. Schon ein Jahr später wird der junge Mann den Verkauf von Anzügen, Kleidern, Mänteln, Hemden an den Nagel hängen. Der damals 19-Jährige entdeckt – durch Zufall – sein Talent als Gastronom. Seine kurze Textil-Vertreter-Karriere endet im „Capriccio“ am Bohlweg, wo er als Urlaubsvertretung einspringt, zunächst für vier Wochen. Doch Lindhorst wird warm dort, wird bis 1969 dort bleiben. Dann macht er sich mit dem „Black Button“ selbstständig. Und das ist der Beginn einer Kneipier-Laufbahn, die Lindhorst in der Stadt bekannt machen wird wie einen bunten Hund. Lindhorsts Bier ist in aller Munde. Er steigt ein in die legendäre Künstlerkneipe „Strohhalm“ am Ritterbrunnen (später umgetauft in „Joy“), macht aus ihr ein florierendes Studentenlokal, 85 Quadratmeter groß, mit einem Bierausstoß bis zu 160 Hektoliter an zwei Bars. Eine Rekordmarke, die Mitbewerber blass werden ließ.

1973 dann das „Lindi“: das Lokal, das Lindhorst für immer behalten wird, sein zweites Wohnzimmer, in dem er bekannte Gäste begrüßt wie Freund und Musiker-Kollege Ulrich Markurth oder Ex-Bayern-Profi Rainer Zobel, mit dem er über die Lage der Eintracht räsonierte, seinen Verein. Mit Lothar Ulsaß führte Lindhorst einst den „Kicker“ an der Hamburger Straße, er machte die „Eselsbrücke“ groß, den „Marstall“, „Lindis Bierladen“, die „Herzogschänke“ in Wolfenbüttel und auch das „Offshore“ in der Sport-Anlage Play-Off.

Es wäre unvollständig, wenn hier nicht über die ganz große Liebe von Günter Lindhorst geschrieben würde: die Musik. Seit den 1970er Jahren spielte er Jazztrompete, erst bei den „Henhouse Jazzmen“, danach bei „His Master’s Voice“. Bis nach Kasan, tief im Inneren Russlands, führten ihn seine Tourneen.

Und dann Ibiza. Dort fand man „Lindi“, wenn er nicht an der Oker weilte. Wasserski, Segeln, Motorbootfahren – das war sein Ding. Bis zuletzt.

Jetzt, am 30. Dezember, ist Günter Lindhorst nach kurzer schwerer Krankheit gestorben. Er wurde 78 Jahre alt.